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Aussendungszeitpunkt:   Dienstag, 13. November 2001;18:39
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Rechtsstaat:

>Ofoedu in Schubhaft
Vorgestern, Sonntag, um 8.00 Uhr morgens, wurde der nigerianische Schriftsteller
Charles Ofoedu in seiner Wohnung verhaftet und in Schubhaft verbracht. Er befindet
sich derzeit im Polizeigefangenenhaus Rossauer Laende. Die Verhaftung geschah voellig
ueberraschend, da dem Schriftsteller weder ein Ausweisungsbescheid zugestellt wurde,
noch durch die Verurteilung Ofoedus am 13. Oktober 2000 der Behoerde eine Ausweisung
zwingend vorgeschrieben ist. Es handelt sich um einen Ermessensentscheid der
Fremdenpolizei, die Ofoedu ein zehnjaehriges Aufenthaltsverbot ausgesprochen hat.
Charles Ofoedu ist eine oeffentlich bekannte Person. Die Polizei hatte keinerlei
Grund, das Mittel der Schubhaft ueber ihn zu verhaengen. Schubhaft darf nur nach der
Anwendung von gelinderen Mitteln verhaengt werden.

Ofoedus Anwalt hatte fristgerecht vor dem Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof
Schritte unternommen. Durch die drohende Ausweisung sollen Ofoedu die juristischen
Moeglichkeiten genommen werden. Und das, obwohl es sogar eine Absprache zwischen dem
Anwalt und der Fremdenpolizei gegeben hatte, den Ausgang des Verfahrens beim
Verfassungsgerichtshof abzuwarten. Ofoedu hatte noch nicht einmal die Aufforderung
zur Ausreise bekommen. Der Anwalt wurde nicht von der Verhaftung Ofoedus informiert.

Die staatliche Verfolgung Ofoedus begann mit der Massenverhaftung im Rahmen der sog.
Operation Spring im Mai 1999. Ofoedu wurde als angeblicher "Drogenbaron" drei Monate
in Untersuchungshaft festgehalten. Die Anschuldigung gegen ihn wegen Drogenhandels
und organisierter Kriminalitaet mussten fallengelassen werden. Am 13. Oktober 2000
trat in der zweitenHauptverhandlung. der anonymisierte Zeuge "AZ1" als Kronzeuge
auf - wie in rund 40 anderen Prozessen - und aufgrund seiner Aussage wurde Charles
Ofoedu wegen Geldwaescherei zu zehn Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt.

Dieses Strafmass hat keine automatische Ausweisungsverfuegung zurFolge. Der jetzige
Beschluss der Fremdenpolizei (10 Jahre Aufenthaltsverbot im ganzen Schengener Raum)
steht in keinerlei Verhaeltnis zum Strafausmass des Gerichtsurteils. Die
Fremdenpolizei haelt den SchriftstellerCharles Ofoedu, wie sie mitteilt, fuer eine
"Gefahr der Ordnung und Sicherheit Oesterreichs". Die tatsaechliche Gefahr droht
Charles Ofoedu selbst: In Nigeria droht ihm eine neuerliche Strafverfolgung wegen des
gleichen Delikts.

Bereits am Sonntag hatte es zwei Solidaritaetsdemos fuer Ofoedu gegeben. Fuer
gestern, Montag, war zu einer weiteren Kundgebung vor der "Liesl", dem
Polizeigefangenenhaus Rossauer Laende mobilisiert worden. Am Mittwoch um 9 Uhr folgt
eine Pressekonferenz im Landtmann.(URL W³.no-racism.net , Der Standard/akin)

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Kommentar: Problemfallentsorgung

Die Behoerden haben in den letzten Wochen bewiesen, dass sie im derzeit so besonders
autoritaetsfreundlichen Klima gedenken, ihre prominenten "Problemauslaender"
loszuwerden. Man denke an den Polizeikritiker Buelent Oeztoplu, der so "elegant" aus
dem Menschenrechtsbeirat entfernt wurde und seiner Abschiebung nach Deutschland
harrt. Man denke an Anthony Onyeij, der blamablerweise nicht einmal mit Hilfe
"Helmis", dem anonymisierten Zeugen, verurteilt werden konnte und Anrecht auf
Haftentschaedigung gehabt haette - jetzt sitzt Onyeij wahrscheinlich in einem
nigerianischen Gefaengnis. Man denke an Charles Ofoedu, der die Frechheit gehabt
hatte, seine Erlebnisse im Kotter literarisch aufzuarbeiten. Wie sagte
Polizeipraesident Pilch immer so schoen: "Das geht jetzt Ruck-Zuck!" -br-


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