**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt:  Dienstag, 11. September 2001;
**********************************************************
OeGB-Urabstimmung 24.9.-15.10.01:
> Endlich die Struktur begreifen!

Zur Urabstimmung des OeGB und der Haltung der Gewerkschaftslinken

Die Erfahrungen seit Jaenner / Februar 2000 zeigen anschaulich die Strategie der
OeGB-Fuehrungsschicht. Neben den wenigen irrelevanten Aktionstagen moechte ich die
BetriebsraetInnen-Versammlung vom 5.Mai 2000 anfuehren, wo aus ganz Oesterreich 4.000
BetriebsraetInnen und PersonalvertreterInnen (ich war einer davon) zusammengetrommelt
worden sind. Jetzt ruft der OeGB zur "Urabstimmung" auf. Also bewegt sich der Riese
doch - Schritt fuer Schritt - von Aktionstagen, oesterreichweiten
Betriebsraeteversammlungen hin zur "Gewerkschaftsdemokratie"? Bis auf den Passus
ueber die Sozialpartnerschaft stimmen GLB und UG jedenfalls den OeGB-Fragen zu - wenn
auch kritisch, aber hoffnungsvoll, dass sich der OeGB nun doch noch zu "konsequenter
und glaubwuerdiger Interessenpolitik" durchringen koennte (GLB). Und die UG begruesst
es bei der Frage 6 zur Aufrechterhaltung des Oeffentlichen Dienstes, "dass dem
privaten Raubzug gegen oeffentliches Vermoegen nun auch der OeGB einen Riegel
vorschieben will."

In der (eher) linken Gewerkschaftsopposition im OeGB gibt es also das Bild, dass die
OeGB-Fuehrung unter dem Druck der verschaerften Situation unter Schwarz-Blau zu
"kaempferischerer" Politik gedraengt wuerde. Natuerlich langsam nur, zaehe und
widerspruchsvoll, weil buerokratisch. Um so mehr waeren dann eben GLB- bzw.
UG-Opposition im OeGB von Noeten! Mit "taktischer" Politik, die diesmal mit mehreren
kritischen "Ja" im OeGB-Urabstimmungstext zum Ausdruck kommt. "OeGB - kaempf' doch
..."

Es ist das Malheur gerade der Gewerkschaftlinken in Oesterreich, sich keine
tiefgehende Analyse von Gewerkschaften im 20/21. Jahrhundert angeeignet zu haben. Was
ist die Lehre allein schon aus dem bisherigen Aktionsinstrumentarium des OeGB seit
2000/01? Bei beiden grossen Betriebsraeteversammlungen Maerz / Mai 2000 war es darum
gegangen, der Blau-Schwarzen Regierung zu zeigen, dass sie ueber den OeGB hinweg
nicht so einfach privatisieren und Kollektivvertragsverhandlungen dezentralisieren
koenne. Die Betriebsraete-Almauftriebe gab's sozusagen bloss als Drohgebaerde, die
jedoch nicht so scharf ausfallen durfte, dass die 4.000 BetriebsraetInnen
tatsaechlich mobilisiert wuerden! Den BetriebsraetInnen wurde das Rederecht verwehrt
und stattdessen eine Gottschalk-Show vorgefuehrt. Mensch stelle sich bloss vor, wenn
dieses Kollektiv der BelegschaftsvertreterInnen aus ganz Oesterreich von Verzetnitsch
losgeschickt worden waere, erste Streiks vorzubereiten, um das Land lahmzulegen?
Gerade unter dieser Yuppieregierung koennte eine Dynamik entstehen, wo die
Verzetnitsch, Nuernberger & Koll. die Kontrolle ueber die Belegschaften verlieren.
Riess-Passer und Prinzhorn haetten dann selbstverstaendlich noch weniger Grund, sich
mit ihnen an den Verhandlungstisch zu setzen. Vor nichts hat die OeGB-Fuehrung mehr
Angst, als die Basis nicht mehr kontrollieren zu koennen!

Gewerkschaften im "Turbokapitalismus" werden gepraegt vom schrumpfenden Spielraum
dieser eigenen politischen Schicht von Gewerkschaftsfuehrungen, die ihre Privilegien
und Macht nur am Verhandlungstisch mit dem Kapital erhalten koennen! Macht haben sie
dann, wenn sie die Arbeiterklasse total kontrollieren - im Globalkapitalismus eine
immer ausweglosere Sache: Denn die absolute Freiheit des Kapitals verlangt diese
Gewerkschaftskontrolle ueber die Lohnabhaengigen bei sich beschleunigendem Tempo des
Abbaus von Sozialstaat und Lebensstandard. Da bleibt an sich nicht einmal mehr viel
Spielraum fuer gewerkschaftliche Drohgebaerden. Um so groesser gibt es die Angst in
den hohen Gewerkschaftsetagen, dass sie mit Drohgebaerden eine Lawine in der
Arbeiterklasse lostreten ...

Die OeGB-Urabstimmung ist genau nach diesem mutlosen Muster gestrickt: Einsamst im
OeGB-Praesidium beschlossen, die Fragestellungen bis zur Unterwuerfigkeit (offenbar
im Konflikt mit der konservativen GOeD-Fuehrung) abgestumpft, soll sie Druck auf die
Regierung ausueben. Das ist lachhaft fuer Riess-Passer / Schuessel, denn die
Urabstimmung soll alles bezwecken nur nicht eine Mobilisierung der Lohnabhaengigen.
Und die "gewerkschaftliche Kampfmassnahmen" (???) werden wieder im OeGB-Praesidium
der Mutlosen beschlossen werden ... Mensch gebe sich einmal die heutige Dimension des
Klassenkampfs von "oben": Blau-Schwarz ziehen Sozialpartnerschaftsverhandlungspunkte
im Parlament durch, saeubern die Gewerkschafter aus der Sozialversicherungsverwaltung
und Riess-Passer, Gorbach und Kameraden stellten zuletzt den OeGB ueberhaupt in
Frage. Und die OeGB-Fuehrung? Der OeGB sei ja bereit zu verhandeln ...

Nein, diese Gewerkschaftsfuehrung muss weg, sie hat voellig versagt! Eine breite
Mobilisierung der Lohnabhaengigen tut Not in diesem Blau-Schwarzen Oesterreich, nur
um einfache soziale Errungenschaften und demokratische Rechte zu verteidigen. Dafuer
ist nicht bloss die Fuehrung auszuwechseln, sondern eine basisdemokratische
Gewerkschaft mit Urabstimmungskultur und Internationalismus zu schaffen!
Urabstimmung: Kein Vertrauen in diese OeGB-Fuehrung! Nein zu allen 7 Punkten der
OeGB-Urabstimmung - durchstreichen des ganzen Stimmzettels! Denn auch ueber den
Fragen zur Pflichtversicherung, Abfertigung, Bildungsoffensive, Oeffentlichen Dienste
und zu den Kollektivvertraegen steht natuerlich die "Mitbestimmungspolitik" des OeGB,
d.h. die Politik einer abgehobenen Buerokratie, die selbst unter groesster Bedrohung
der Gewerkschaften kein Jota an Militanz und Basisdemokratie zugesteht.

Daher: Durchstreichen des Stimmzettels und "ergaenzen" durch: Weg mit dieser
Gewerkschaftsfuehrung - volle Gewerkschaftsdemokratie - systematische Mobilisierung
der Lohnabhaengigen bis hin zum Streik!

*Karl Fischbacher,*
linker unabhaengiger Personalvertreter und Gewerkschafter im OeGB (stark gekuerzter
Beitrag aus LabourNet-Austria URL http://web.utanet.at/labournet.austria)

**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
e-mail:akin.büro@gmx.at
Domain:http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin