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Aussendungszeitpunkt: 29.5.2001 -16:08
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FPOeVP/SPOe/Geschichte:

>Verquere Welt
Das Beispiel Heinrich Gross zeigt, dasz jetzt alles noch viel
komplizierter ist als frueher
"Das Bundesgesetz vom 25. Mai 1955 ueber die Schaffung des
Oesterreichischen Ehrenzeichens fuer Wissenschaft und Kunst und
eines Ehrenkreuzes fuer Wissenschaft und Kunst, BGBl. Nr. 96/1955,
sieht keine Aberkennung vor. Im Falle einer rechtskraeftigen
gerichtlichen Verurteilung wegen eines Verbrechens waere eine
solche grundsaetzlich moeglich." Das beschied der damalige
Innenminister Caspar Einem 1999 in einer Beantwortung einer
parlamentarischen Anfrage der Gruenen, ob man denn den so lange
unbehelligt gebliebenen NS-Arzt Heinrich Gross nicht vielleicht
doch noch "entehren" koennte. Die Bildungsministerin der jetzigen
Regierung, Elisabeth Gehrer, vertritt aehnliche Rechtsansichten:
Die nachtraegliche Aberkennung einer Auszeichnung habe es bisher
noch nie gegeben, so Gehrer. Man koenne entweder auf eine
gerichtliche Verurteilung warten oder eine Aberkennung vornehmen.
Dies mueszte allerdings in einem Verwaltungsverfahren geschehen.

Soweit die Minister.

Jetzt koennte man sagen: Eh klar, sowohl die alte Koalition war so
feig, wie es die neue ist, um klare Aussagen dazu zu machen oder
gar eindeutige Rechtslagen zu schaffen.

Aber es gibt einen Unterschied: Ausgerechnet unter dieser
Regierung ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel hoeher, dasz Gross
seine Ehrung verliert. Warum? Da ist einmal die Tatsache, dasz
eine Aberkennung kaum mehr jemanden weh tut, dem diese Regierung
nicht weh tun will: Die alten Nazis, die sich darueber empoeren
koennten, sind nicht mehr gar so ein groszer Bevoelkerungsanteil
und vor allem hat so gut wie gar keiner mehr von denen noch irgend
eine hoehere Machtposition inne, wo er seinen Einflusz geltend
machen koennte (was vor ein paar Jahren doch noch anders war). Die
jungen Nazis - soweit sie im Establishment verankert sind -
identifizieren sich nicht mehr mit den alten Erscheinungsforinen
und sind froh wenn sie so tun koennen, als waeren sie aufrechte
Antifaschisten. Und die, die heute noch "Heil Hitler" schreien,
sind einfach zu wenig schlau, um Karriere zu machen.

Wer aber beleidigt sein koennte, sind jene auch juengeren
Akademiker, die Herrn Gross jahrzehntelang gedeckt haben. Doch das
sind (der SPOe zu Schande gereichend) zu einem recht imposanten
Teil Sozialdemokraten, die das alles hoechst ungern diskutiert
sehen wollten - und das kann dieser Regierung nur recht sein.

Weiters kaeme ein weiteres Feigenblatt zur Verdeckung eines
einschlaegig verschrienen Landeshauptmannes dieser Regierung nur
recht -- noch dazu, wo ein solcher rein formaler Akt im Gegensatz
zu Zwangsarbeiterentschaedigungen und Enteignungsrueckstellungen
finanziell nicht mehr als die Beamtenarbeitszeit fuer den
Verwaltungsakt kostet.

Sollte dennoch eine legistische Aenderung notwendig werden, dann
sei noch erwaehnt, dasz diese Regierung nicht das geringste
Problem damit hat, Gesetze zu erlassen, wenn sie jemanden
loswerden will - siehe die Causa Sallmutter. Im Gegenteil: Mit
einem solchen "Entehrungsgesetz" koennte die Regierung sogar ihre
Praxis der Anlaszgesetzgebung legitimieren.

Ausgerechnet diese Koalition kann also mehr oder weniger nur davon
profitieren, wenn sie Gross das Ehrenkreuz wieder abnimmt. Und es
waere daher nicht verwunderlich, wenn sie das in relativ kurzer
Zeit zustande braechte. Nur die Tatsache eben, dasz sowas nicht
verwunderlich waere - ich kann mir nicht helfen, irgendwie
verwundert mich das dann doch... *Bernhard Redl*

Siehe auch:
URL W³bizeps.or.at

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