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Aussendungszeitpunkt: 3.4.2001 -15:34
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FPOe/Glosse:

> Der Blues fuer die Blauen

Disharmonie ist kein Konzept

Wer sich am Sonntag in der Glotze Columbo entgehen liesz, hatte am
2er dafuer als Ausgleich den Genusz eines schwitzenden, nervoesen
und vor sich hingrantelnden Haiders. War wirklich nett - ebenso
Joergs staendiges misztrauisches Beaeugen der rhethorisch durchaus
eloquenten, aber konsequent inhaltslosen Frontfrau Riess-Passer.
So richtig lustig wurde es aber erst, als Kotanko vom Kurier
einmal in Fahrt gekommen war, und wie Anneliese Rohrer von der
Presse augenfunkelnd kurz vorm Kragenplatzen war. In der Folge
konnte dank aufmerksamer Kamerafuehrung Frau Gehrers etwas
stupides Dauergrinsen genau beobachtet werden. So wirklich
ueberraschend waren eigentlich nur Haiders aeuszerst plumpe
Versuche, Frau Rohrers Worte binnen einer Minute ins Gegenteil
verzerren zu wollen. Dies in einer Deftigkeit, dasz bei allen der
Eindruck entstehen muszte, Haider fehlen nun schon vollends die
Moeglichkeiten, zwischen einem sturzbesoffenem Bierzeltpublikum
und dem Auditorium einer politischen Diskussionsveranstaltung am
spaeten Abend im ORF zu unterscheiden.

Aeuszerst kurz beschrieben, war dies das aeuszere Bild der
Selbstinszenierung und medialen Darstellung des FP-Teams samt Frau
Bildung Gehrer in ihrer erwaehnten Dauerpose. Dies entspricht aber
durchaus 1:1 dem Bild der blauen Partei, was vielleicht das
Grinsen ebendieser Gehrer um einiges verstaendlicher werden liesz.
Die FP steigt derzeit im Sturzflug ab, wie dies der
Meinungsforscher Karmasin aeuszerst dezent und gegenueber der FP-
Spitze fast devot formulierte - sowohl konzeptmaeszig als auch in
der aeuszerst unruehmlichen Performance, bekanntermaszen belegt
auch durch die letzten eingefahrenen Wahlergebnisse. Angesichts
der langen Liste von meist durchaus selbstverschuldeten
Miszgeschicken war es fast ruehrend anzusehen, wie Haider der
Regierung life den Befehl gab, umgehend die
Unfallrentenbesteuerung zu stoppen. Wenn's nur das waere, haetten
die Blauen keine Probleme.
Aber es ist mehr, wesentlich mehr als das, was das liebe Wahlvolk
dazu bringt, kein blaues Kreuzerl mehr zu malen. Die bisherige und
auch als einzige zu erkennende Strategie der FP koennte kurz so
ausgedrueckt werden: Der andauernde Kampf gegen die Harmonie. Es
ist kein so atemberaubender Zufall, dasz sich gerade in
Oesterreich eine Institution wie die Sozialpartnerschaft auf einem
derartigen jahrzehntelangen machtpolitischen Niveau etabliert
hatte. Die Ursachen und die Folgen sind weitreichend bekannt:
Sonst miteinander quasi in kriegerischem Zustand befindliche
Klassenrepraesentanten sollten sich ihre Zukunft auf dem gruenen
Tisch gemeinsam ausschnapsen. Es gab im internationalen Vergleich
relativ geringe Gehaelter, dafuer als Trost mit politisch
korporativer Unterstuetzung relativ sichere Arbeitsplaetze.
Aufgrund der ineinander nahtlos uebergehenden personellen
Multifunktionalitaeten in den beiden Groszparteien, Kammern,
Verbaenden, Gewerkschaften gab's auch die prozentuell geringsten
Streiks. Irgendwie hat man es sich immer gerichtet. Es war
vielleicht unpolitisch, in ziemlichen Ausmasz undemokratisch, aber
durchaus harmonisch.

Ungeachtet der verschiedensten Interpretationen sind von diesem
Bild der politisch verordneten Harmonie die Sichtweisen der lieben
Landsleute mehr gepraegt, als dies der FP lieb ist. Besonders in
Wien, wo es sich die machtpolitisch verfilzten Eliten aus allen
Parteihintergruenden aus Sicht der Bundeslaender ja immer schon
gerichtet hatten. Der Kampf gegen dieses korporative und fuer
viele durchaus eintraegliche Stilleben war fuer die FP in
Oppositionszeiten durchaus sinnvoll, ebenso wie das Praesentieren
und Aufschaukeln von Feindbildern, Nationalismen etc. Als speziell
die "jungen, zornigen maennlichen Arbeiter" in Scharen die SP in
Richtung FP verlassen hatten, war auch vorher der Harmoniebruch
von Seiten der SP einerseits durch Sparpakete und andererseits
durch allzu offensichtlichen Machtmiszbraeuche mancher
Funktionaere vollzogen worden. Spitzengehaelter und Privilegien
einiger Weniger werden dann akzeptiert, solange man selbst
halbwegs gut und vor allem sicher lebt.

Die grosze Koalition lieferte mit ihren unsozialen Eskapaden und
durch ihre Macht-Verkrustungserscheinungen sicher ein Heimspiel
fuer die FP. Zweifellos wurde ihr Erfolg auch durch die Zunahme
der soziooekonomischen Unsicherheit in breiten
Bevoelkerungskreisen als Folge des EU-Beitritts beguenstigt.
Dieses Spiel ist aus. Es ist voellig naiv anzunehmen, dasz man
gegen sich selbst glaubwuerdig Opposition spielen kann. Und
angesichts fehlender Werte und Konzepte, die ueber den politischen
Handel mit Waren aller Art wie Xenophobie und
Weltkriegsverherrlichung oder Deutschnationalismus hinausgehen,
war es noch naiver, eine Koalition mit einer reform-und
sparwuetigen VP einzugehen. Die dazu schon vor den Wahlen ihren
christlich-sozialen Sektor voellig ausgeschaltet hatte. Von
voellig unprofessionellen Personalbesetzungen einmal abgesehen,
konnte der Kampf gegen jeden und alles nur ins Auge gehen. Auch
wenn schon etliche kommunale FP-Politiker ihre Parteispitze
oeffentlich bedraengten, die Partei moege doch nicht jede
Berufsgruppe gegen sich aufbringen, blieb dies im koalitionaer
verordneten Budgetspar-Sperrfeuer ohne jegliche Resonanz.

Die Partei befindet sich selbstredend in einer aeuszerst fatalen
Situation, woran die VP nicht ganz unbeteiligt ist. Das von Haider
geforderte "Herz fuer den kleinen Mann" wirds mit Schuessel, aber
auch der FP-Wirtschaftspartie nicht wirklich geben. Vor dem
groszen Streit mit dem Partner schreckt die Parteifuehrung
zurueck, da dies in Zukunft ihre Regierungs- und vor allem
Koalitionspaktfaehigkeit eklatant beschneiden wuerde.
Parteipolitisch waere natuerlich neben der Unfallrentenbesteuerung
sofort das vehemente Ablehnen der Ambulanzgebuehr angesagt -
laecherliche 800.- Mill. abzueglich der Verwaltungskosten. Doch im
Gegenteil - die FP-Fuehrung laeszt sich, von der VP geschickt
gelenkt, in einen Kleinkrieg mit saemtlichen Sozialpartnerschafts-
Institutionen hineinjagen, den sie nur verlieren kann. Und die
Partei hat sich immer mehr in schwer imageschaedigende
Scharmuetzel eingelassen - der Feind ist ploetzlich das eigene
Ministerium, der eigene Sektionschef. Es wird nur mehr gejammert
und gesudert, beklagt und beschuldigt - schuld sind die SP, die
Medien und die Hetzkampagnen und so weiter. Aber abgesehen davon
find ich es am erfrischendsten, dasz es auch in dumpfesten Beiseln
immer mehr heiszt: "San de soeben Oarschloecher wia de andern,
wenns am Ruada san!"
*Fritz Pletzl*

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