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Aussendungszeitpunkt: 3.4.2001 -15:34
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Debatte:
Folgendes Plaedoyer fanden wir (wie so vieles) im MUND:

> Ein Hoch auf das Kopftuch

Wir tragen es immer. Ab sofort. Aus Seide, aus Baumwolle, aus
schwarzer Spitze, aus weiszem Leinen, mit dem Konterfei Rosa
Luxemburgs drauf oder mit Hanfblueten und Weinreben bedruckt. In
den Farben der Commune und der Sandinistinnen, manchmal im Nacken
oder unterm Kinn geknotet, aber viel lieber bis ueber die Nase
gezogen, dasz nur unsre blitzenden Augen herausschauen, in
Mundhoehe ist ein Loch geschnitten : fuer die Pfeife nach dem
Essen. Oder das Pfeiferl Donnerstag abends. Das Kopftuch macht uns
unvergleichlich schoen, es umschmeichelt den Blick, es umweht
unsre Worte, es signalisiert souveraene weibliche Staerke und
selbstbewuszte erotische Sinnlichkeit von Frauen, die zu
verfuehren verstehen mit ihrem Charme und Charisma, mit dem Klang
ihrer Stimmen und der Klugheit ihrer Argumente statt mit nacktem
Bauchnabel und der Farbe des Lippenstiftes.

Es schuetzt uns vor dem gierigen Blick der vollautomatischen
Erkennungssysteme, die an die omnipraesenten Ueberwachungskameras
angeschlossen jeden Schritt durch die Stadt ueberwachen. Es
verbirgt unsre Schoenheit den vielen gleichgueltigen Blicken einer
groszstaedtischen Oeffentlichkeit, die ansonsten im Laufe der
Jahre haeszliche Spuren ihres Desinteresses auf dem nicht
gewuerdigten Antlitz hinterlieszen. Es bricht uns heraus aus der
Warenlogik, die uns zwang, unsre Koerper - Waren unter Waren -
nach maennlichen Normvorgaben zurechtzuformen und auf dem Markt
der Begehrlichkeiten auszustellen. Es lebe das Kopftuch! Schlieszt
euch uns an, Genossinnen, tragt Kopftuecher, bevor es uns verboten
wird.

Denn schon beschlieszen Schuldirektoren und Elternvereine,
Moralwaechter und Hoechstgerichte ueberall Kopftuchverbote. Denn
die Kopftuchphobie ist allen wissenschaftlichen Untersuchungen
zufolge das wichtigste und haeufigste Symptom rassistischer
Verbloedung.

Wenn wir als internationalistische Kopftuchfrauenfraktion auf der
naechsten Donnerstagsdemo erscheinen, wird am aeuszeren Anblick
nicht auszumachen sein, welche der Verschleierten strengglaeubigeMuslimin, welche Madre de la Plaza de Mayo
und welche
zapatistische Subcomandantin von Favoriten-Nord ist. Vive la
difference!

Augustine Leisch / stark gekuerzt

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