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Aussendungszeitpunkt: 20.03.2001 - 16:15
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Telekom/Soziales/Privatisierung/Gewerkschaft:

> Wer A sagt, musz auch B sagen

A = Ditz: Die Telekom braucht "die Peitsche des Kapitalmarktes",
B = 5.000 Telekom-Austria-Mitarbeiter muessen gehen
C = die Antwort: eine Menschenkette und sonst nicht sehr viel...

Die boersenotierte Telekom Austria (TA) will mit ueber sieben
verschiedenen Modellen bis 2005 rund 5.000 der insgesamt 15.400
Mitarbeiter vor allem im Technikbereich abbauen. Im Vorjahr
muszten bereits 1000 Mitarbeiter gehen, heuer sollen es 3.000 sein
- 400 Personen haben bereits im Jaenner und Februar 2001 das
Unternehmen verlassen. Die Palette der "Reorganisationsmasznahmen"
reicht von Vorruhestand und interner Umschichtung ueber
Abfertigungsmodelle und Outsourcing bis zur Weitervermietung des
Personals, der Teilzeitbeschaeftigung und der Einrichtung von
Arbeitsstiftungen.

Aber alles nicht so einfach, denn 79 Prozent der TA-Beschaeftigten
sind unkuendbare Beamte. Von diesen Mitarbeitern sollen 400
Mitarbeiter heuer in den Vorruhestand gehen, 500 weitere sollen
eine Abfertigung bekommen. 600 sollen ueber Leasing, 700 ueber
Ausgruendungen und Outsourcing ausscheiden. Beim Outsourcing
werden TA-Mitarbeiter weiterhin als Beamte beschaeftigt,
allerdings nicht im Kerngeschaeft, sondern in Bereichen wie etwa
der Gebaeudereinigung und -verwaltung, die kuenftig ausgelagert
werden sollen. Allerdings sollen 100 neue Mitarbeiter fuer
Spezialgebiete von auszen aufgenommen werden, da die notwendigen
Qualifikationen im Unternehmen selbst nicht zu finden seien. Laut
GLB (Gewerkschaftlicher Linksblock) werde auf Betreiben von OeIAG-
Chef Johannes Ditz (OeVP) und Generaldirektor Heinz Sundt das
gesamte TA-Personal in die Tochtergesellschaft TAP (TA-
Personalmanagement GmbH) ausgelagert.

Der GLB Oberoesterreich sieht darin ein Musterbeispiel dafuer, wie
ein leistungsfaehiges Staatsunternehmen von der Politik und einem
ebenso ueberbezahlten wie ueberforderten Management gezielt
zugrundegerichtet wird, um dem Privatkapital und auslaendischen
Konzernen ein lukratives Geschaeftsfeld freizumachen. Beginnend
von der Ausgliederung der Post aus dem Bundesbudget ueber die
Teilung von Post und Telekom und dem Einstieg der Telecom Italia
bis zu dem auch von wirtschaftsfreundlichen Medien als
"Privatisierung mit der Brechstange" bezeichneten Boersengang im
November 2000 ziehe sich eine Spur des Dilettantismus und der
gezielten Zuarbeit fuer das Privatkapital. Es werde massives
Mobbing gegen die Belegschaft und die Zerstoerung einer geordneten
Betriebskultur betrieben. All dies entspreche der Linie von Ditz,
der im Zusammenhang mit dem Boersengang davon gesprochen hatte,
die Telekom brauche "die Peitsche des Kapitalmarktes".

Mitverantwortlich am heutigen Zustand der Telekom und der
Zerschlagung eines leistungsfaehigen Staatsunternehmens sind nach
Meinung des GLB aber auch die SPOe- und OeVP-Spitzen der
Personalvertretung und der Gewerkschaft, die sich nachhaltig
entgegen allen Warnungen als Gegenleistung fuer eine Einstufung
aller freigestellten PersonalvertreterInnen in eine
Spitzengehaltsstufe hinter den Boersengang gestellt haben.

Laut APA hat der anstehende Personalabbau das Arbeitsklima
scheinbar auf den Nullpunkt gedrueckt. Ein nicht genannt werden
wollender Arbeitsmediziner bescheinigte dabei der TA nach eigenen
Angaben "ganz miese Methoden", TA-Mitarbeiter seien gezieltem
Mobbing ausgesetzt. Der Druck und der ploetzliche Verlust des
Arbeitsplatzes habe bereits mehrere TA-Mitarbeiter in den
Selbstmord getrieben, sagte der Arzt. Die "unglaublichen
Zustaende" gaeben aus medizinischer Sicht Anlass zu groeszter
Sorge. Laut Postgewerkschafter Robert Wurm haben sich dieses Jahr
"bereits drei Kollegen das Leben genommen" -- der Arzt spricht von
noch mehr.

Weiters berichtete der Arbeitsmediziner von TA-Mitarbeitern, die
binnen Stunden zum Verlassen des Arbeitsplatzes aufgefordert und
danach unter eine "Art Hausarrest" gestellt worden seien. Bei
vollen Bezuegen muessten diese zur Vermittlung neuer Posten
zwischen 8 und 12 Uhr zu Hause sein, sagt der Arzt.
Unternehmenssprecher Bredl betonte, es seien
Absicherungsmasznahmen im Laufen, das Unternehmen koenne aber
nicht warten, bis jene Mitarbeiter, fuer die kuenftig kein Platz
im Unternehmen mehr sei, freiwillig gingen, so Bredl.

Laut dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Post- und
Fernmeldebediensteten (GPF), Hans-Georg Doerfler, will der
Telekom-Vorstand die eigenstaendige Lehrlingsausbildung aufgeben
und die Ausbildungszentren teilweise verkaufen. Fuer Doerfler ein
Zeichen, dass es den Telekom-Chefs nicht um eine zukunftssichernde
Strategie geht, sondern nur um unmenschlichen Personalabbau: "Was
der Telekom-Vorstand derzeit auffuehrt, ist nicht nur
betriebswirtschaftlicher Selbstmord, sondern vor allem auch ein
Raub der Zukunft unserer Jugend." Der GLB verlangt im Interesse
der Beschaeftigten die unverzuegliche Aufloesung der TA-
Personalgesellschaft und die Ruecknahme aller Beschaeftigten durch
die Telekom selbst.

Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) hatte
nach langer Untaetigkeit heute, Dienstag, wenigstens zu einer
Solidaritaetskundgebung in Form einer Menschenkette rund um die
Unternehmenszentrale der Telekom Austria (TA) am
Schwarzenbergplatz in Wien aufgerufen -- zwar auch erst nach
massivstem Draengen der Betroffenen, aber immerhin. Ziel der
Aktion sei es, darauf hinzuweisen, wie es um das Schlachtschiff
des heimischen Telekommunikationsmarktes stehe, hiesz es aus der
Gewerkschaft. Die Kundgebung sei keinen Dienstellenversammlung und
damit auch kein Streik im eigentlichen Sinne. Die Teilnehmer
muessten sich daher einen Urlaubstag nehmen, sagte Franz Fischill
vom OeGB... (akin)

Quellen: Standard-Online, APA, GLB.OOE, AUGE, OeGB


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