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Aussendungszeitpunkt: 12. Dezember 2000 - 8:56
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Vorbemerkung: Nachfolgender Kommentar bezieht sich auf ein (in der
Printausgabe reproduziertes) Faksimile aus dem heutigen "Kurier",
in dem der Bezirksvorsteher von Mariahilf sich darüber beschwert,
daß türkische Gruppen häufiger Samstag mittags durch
seinen Bezirk demonstrierten. Um die Wiederholung dessen zu
verhindern - und damit ruhige Weihnachtseinkäufe zu sichern - , hat
Bezirksvorsteher Achleitner angekündigt, ab sofort selbst für die beiden
kommenden Samstage Demonstrationen auf der Mariahilferstraße
anzumelden, um eine Untersagung der türkischen Demos zu unterbinden.
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Weihnachten/Folter/Mariahilf/Tuerkei:

> Sueszer die Kassen nie klingeln!

Wenn Tuerken demonstrieren, wollen das Bezirksvorsteher auch

Worum ging es bei der Demo am Samstag: Abschaffung der
Isolationsgefaegnisse, in der Tuerkei F-Typ Gefaengnisse genannt,
Aufhebung der Anti-Terrorgesetze und Abschaffung der
Staatssicherheitsgerichte in der Tuerkei, den veritablen Natopartner
und EU-Aspiranten. Aber wen interessieren schon solche Lapalien, wenn
es ums grosze Abcashen geht. Am 9. Dezember fanden sich ca. 2000
Menschen am Westbahnhof ein, um ihre Solidaritaet mit den politischen
Gefangenen in der Tuerkei zu demonstrieren, die mit ihrem Todesfasten
gegen ihre Verlegung in F-Typ-Gefaengnisse kaempfen.

Isolationsgefaengnisse bedeuten Totalisolation: Einzelzellen mit
Schallisolation, keinerlei Kontakte zur Aussenwelt; sogar Gespraeche
mit Waertern sind verboten. Tag und Nacht brennt in den Zellen weisses
Licht. Ziel dieser auf den Grundlagen des US-Psychopapstes B.F.
Skinner aufgebauten Foltersystems ist die "Deprivatisation", die
Zerstoerung der Persoenlichkeit der Opfer, deren Persoenlichkeit dann
nach Wunsch der Machthaber neu konstruiert werden kann. Kaempferiche
Linke, die nach "erfolgreicher Behandlung" als "ueberzeugte Rechte"
auftreten, sind das Ziel. Ist die zu brechende, bzw. umzupolende
Person zu stark, so wird deren physische Vernichtung inkaufgenommen.
Der Effekt, den diese Zellen auf die Gefangenen ausueben, wird von
amnesty international und der UN-Menschenrechtskommission als "weisze
Folter" bezeichnet.  Vorreiter dieser Methode in Europa war
Deutschland, wo sie gegen die Gefangenen der Stadtguerilla eingesetzt
wurde.

"Nach deutschem Vorbild wurden die ,Europa-Zellen' 1987 auch in
Spanien gegen des Widerstand der politischen Gefangenen eingefuehrt.
Und erst kuerzlich muszte die deutsche Bundesregierung zugeben, dass
bereits 1990 tuerkische Beamte das Isolationsgefaengnis Stuttgart-
Stammheim besichtigten, um sich ueber die ,europaeische Gefaengnis-
Norm' zu informieren..." wie es ein einem Flugblatt der
Kommunistischen Aktion und anderer Linksgruppen heiszt. Wie es
scheint, soll in den tuerkischen Vollzugsanstalten der mit
Brachialgewalt betriebenen Pruegel- und Folterterror durch subtilere
Methoden ersetzt werden, um so "Europareife" zu zeigen, ohne den in
seinen Grundfesten faschistischen Charakter wirklich aendern zu
muessen.

Gegen die Staatssicherheitsgerichte, die imgrunde eine Art verkappter
Militaergerichte sind, und die sog. Antiterrorgestze sind derzeit
Verfahren beim Europaeischen Gerichtshof fuer Menschenrechte
anhaengig. Ob ein Entschied mehr als nur kosmetische Veraenderungen
zur Folge haben wird, wird sich noch erweisen muessen.

Die Veranstalter der Demonstration: "Um den Gefangenen auch in
Oesterreich eine Stimme zu geben, trug die Demonstration ihren Protest
zur tuerkischen Botschaft in Wien. Der Widerstand der politischen
Gefangenen in der Tuerkei steht stellvertretend fuer alle
fortschrittlichen Menschen im Kampf gegen Unmenschlichkeit und fuer
ein Leben in Wuerde".

Aber wen interessiert sowas schon, da sueszer die Kassen nie klingeln,
als zu der Weihnachtszeit. Und da soll doch keiner mit Menschenwuerde
und solchen Quargel stoeren. Da sei die christliche OeVP vor! Wenn der
Herr Bezirksvorsteher zu Weihnachten allerdings Bauchschmerzen
bekommen sollte, so kann das allenfalls am allzu opulenten Festmal
gelegen sein. *W.W.*

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