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Aussendungszeitpunkt: 12.9.2000; 19:00
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Widerstand/Kapitalismus:

> Troubles in Melbourne

Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums durch Demonstranten
ausgesperrt

Beim "schlechtesten Wetter des Jahres" - fuer australische
Verhaeltnisse: saukalt, Sturm und Regen - haben am Montag ueber
10.000 Demonstranten den Beginn des dreitaegigen
Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum) erheblich gestoert.
Hunderte von Teilnehmern, darunter auch der Landespremier von
West-Australien Richard Court, konnten trotz eines groszen
Polizei-Aufgebots nicht durch die Demonstranten-Ketten in das
"Crown Casino" eingeschleust werden.

Manche kamen, wie der eigentliche Gastgeber, Victoria's
Landespremier Steve Bragg, nur per Boot ueber den Yarra-Fluss und
die Hintertuer in den Saal.

Dabei hatten die Behoerden grossen Wert auf ein reibungsloses
Treffen der Groszkapitalisten gelegt. "Stoerungen wuerden den Ruf
Australiens schaden, und - insbesondere den unserer Stadt
Melbourne.."(Landespremier Bragg), die sich gegen ihren Erzrivalen
Sydney, wo die Olympischen Spiele Ende der Woche anlaufen,
profilieren will.

Aber unter dem Motto "Die Welt ist nicht zu verkaufen!" (The World
is not for sale!) hat sich eine sehr breite ad hoc-Koalition gegen
das Weltwirtschaftsforum gebildet, die an die frueheren Proteste
gegen die WTO (World Trade Organisation) anschlieszt: "Seattle +
Washington = Melbourne" wird auf Waende gesprueht.

"Wir wollen diesen ungewaehlten Vertretern des Groszkapitals
zeigen, dasz sie nicht ohne weiteres die Welt nach ihren
Interessen umbilden koennen", sagte mir eine aeltere Frau aus
Sydney, als ich sie fragte, warum sie drei Tage von ihrer Arbeit
wegbleiben wird. Sie fuhr schon Freitag Nacht die 830 km nach
Melbourne.

Aber ein Groszteil der Demonstranten - jedenfalls heute Montag -
sind Jugendliche, die schon seit Jahren als "entpolitisiert"
gelten, jedenfalls im Sinne der Parteipolitik. Keiner, auch nicht
die Organisatoren, die meisten aus kleinen Linksgruppen, wuszten
wie viele der Melbourner Schueler, Studenten, Lehrlinge sich an
den Protesten beteiligen wuerden. Manche hofften auf "mehr als
2000" - aber es waren heute - trotz Sauwetter weit mehr, mehr als
10.000. "Und - die blieben zu unser Ueberraschung den ganzen Tag,
manche sind noch jetzt (Montag, 21 Uhr) da. "Und" - eine andere
Teilnehmerin - "das trotz der Verteuflung in den Medien, die
dauernd von 'wilden, anarchistischen Gewalttaetern' redeten. Wir
haben uns aber fuer einen gewaltlosen Protest organisiert, wuszten
aber natuerlich nicht, ob die Polizei da mitmacht." Die hat sich
aber "sicher - weil wir so viele waren - verhaeltnismaessig gut
benommen". Ueberraschenderweise gab es - soweit jedenfalls - keine
Festnahmen und nur einige Dutzende Leichtverletzte.

Am Dienstag sollen auch viele Melbourner Gewerkschaftler zum
"Casino" kommen. "Wir werden gewaltlos, diszipliniert, aber sehr
klar erklaeren, dasz diese Globalisation, die weltweite
Privatisierung", der Ausverkauf der erworbenen Rechte der
Arbeiter, nicht so weiter gehen wird", sprach heute der
Vorsitzende der Grubengewerkschaft, die seit Jahren gegen Rio
Tinto, den weltgroeszten Gruben-Multi, kaempft.

Richard Court, Westaustraliens Premier, der nicht hineinkam,
beklagte sich ueber das "unaustralische Benehmen der
Demonstranten". Dabei meinte er sicher auch den Aborigine, der
sich auf seine Autohaube setzte und ihn anschrie: "Das tue ich
fuer meine Brueder und Schwestern". *Max Watts, Sydney*
 

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