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Aussendungszeitpunkt: 24.5.2000; 2:26
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Menschenrechte:

:> "Lebensrecht vor Beweissicherung"

Ueber die Pressekonferenz der African Community zum Tod des Inhaftierten
Richard W.

Thomas Prader, Rechtsanwalt der Hinterbliebenen, wies in seinem
Eingangsstatement darauf hin, dass die staatlichen Behoerden (in
diesem Fall Exekutive und Justiz) fuer das Leben einer von ihnen
in Gewahrsam genommenen Person Sorge zu tragen haetten, und dass
diese "positive Schutzpflicht" (abzuleiten aus Art. 2 EMRK) im
Fall von Richard W. aufs Groebste verletzt wurde.

Folgende Fehler seien begangen worden: (1) Man habe Richard W. -
obwohl dringender Verdacht auf das Verschlucken von sog.
"bodypacks" bestanden habe - nicht unter permanente Ueberwachung
gestellt, (2) man habe Richard W. nicht ueber die mit der Einnahme
von Rauschgiftkuegelchen verbundenen Risiken aufgeklaert, (3) bei
der Ueberstellung des Inhaftierten in den Jugendgerichtshof sei es
verabsaeumt worden, die dortige Justizwache auf den Verdacht der
Einnahme von Drogen hinzuweisen und (4) die zustaendigen Beamten
des Jugendgerichtshofs haetten den Strafakt des Inhaftierten
vermutlich gar nicht durchgesehen, da Richard W. aufgrund seiner
Volljaehrigkeit nur den Status eines "Durchlaeufers" hatte. All
dies belege eindeutig die Mitverantwortung der Behoerde. Die
Angehoerigen von Richard W. werden deshalb eine Beschwerde beim
Unabhaengigen Verwaltungssenat wegen Verletzung des Art. 2 EMRK
einbringen.

Weiters stellte Prader die Forderung an den Oesterreichischen
Gesetzgeber, dass Inhaftierten, welche "bodypacks" verschluckt
haben, die Moeglichkeit geboten wird, diese unter aerztlicher
Aufsicht auszuscheiden, ohne dass den Beschuldigten daraus
rechtliche Nachteile erwachsen. Der Anwalt sprach sich in diesem
Zusammenhang auch fuer "Zwangsroentgen" aus, welches ebenfalls
ausschliesslich medizinische Zwecken dienen duerften. Das Recht
auf Leben und die Unschuldsvermutung muessten hier ueber die
Beweissicherstellung gestellt werden.

Prader gab ausserdem seiner Veraergerung ueber das "Katz und Maus-
Spiel" der Gerichtsmediziner (Dr. Riesser, Dr. Bauer) Ausdruck, er
laufe dem Obduktionsbericht nun schon ziemlich lange hinterher.

Der Voelkerrechtler Dr. Bukasa las einige Zitate aus einem von ihm
gefuehrten Interview mit Dr. Riesser vor, aus denen hervorging,
dass der Pathologe nur zu sehr vagen Aussagen bezueglich der
Todesursache imstande ist. Anzeichen koerperlicher Gewaltanwendung
habe er keine gefunden, obwohl Richard W. laut Zeugenberichten bei
seiner Verhaftung misshandelt wurde. Weiters sei der
Obduktionsbericht deshalb noch nicht schriftlich erfolgt, da
wichtige Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien. In diesem
Zusammenhang kritisierte Bukasa entschieden die Vorgangsweise der
Wiener Polizei, welche bei ihrer Pressekonferenz von Tod durch
Opiate gesprochen hatte, obwohl auch ihr noch kein endgueltiger
Autopsiebericht vorliegt. Polizei und Justiz koennten nach ihrem
derzeitigen Wissensstand keine klare Angabe ueber den Tatbestand
der Todesursache machen. Weiters kritisierte er Aussagen des
Polizeipraesidenten Stiedl. wonach fuer weitere Untersuchungen des
Todesfalles "ein selbstaendiges Taetigwerden der Wiener
Bundespolizeidirektion nicht erfolgt".

Bukasa sprach danach von der Angst der Zeugen der Verhaftung und
des ehemaligen Zellengenossen von Richard W., ihre Aussagen zu
machen. Er forderte deshalb die Zusicherung von Schutzmassnahmen
fuer diese Zeugen. Dem Zellengenossen sei von Seiten der Justiz
"konspiratives, freies Geleit" zugesichert worden, sollte er nicht
ueber die von ihm beobachteten Vorfaelle berichten, so Bukasa.
*Miriam Lehner /
gek.*



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