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Aussendungszeitpunkt:14.3.2000; 18:00
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Der Polizei ist fad... / Dokumentation:

> Zur Razzia in Traiskirchen, 17.1.2000

Die Anzeige des Rechtsanwaltes

Ein Eindruck von dem, was moeglich ist. Die Sache ging bereits
damals durch die Medien, hier sind nochmals die Details der Aktion
in juristischer Form. Anonymisiert und zur Verfuegung gestellt vom
Evangelischen Fluechtlingsdienst:

*

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Rainer 1010 Wien, Schwedenplatz 2174 -
Telefon +43/1/533 05 90 - Telefax 533 05 90-90

An die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht Wiener Neustadt,
Maria Theresien Ring 5, 2700 Wiener Neustadt

Wien, 5.3.2000

Anzeigerinnen: 32 AsylwerberInnen aus Angola, Gambia, Kamerun, DR
Kongo, VR Kongo, Liberia, Ruanda, Sudan, Uganda alle vertreten
durch: RA Dr. Wolfgang Rainer,

alle Vollmachten erteilt

gegen: Unbekannte Taeter (Beamte) des LGK NO, GPK Traiskirchen und
GPK Traiskirchen, BMI (Einsatzgruppe SEGA) wegen: Paragraphen 12,
15, 82, 83, 84, 88, 92, 93, 95, 99, 105, 108, 109, 115, 125, 178,
179, 201, 202, 218, 286, 302, 303, 313 StGB

Die Anzeiger wurden - wie den beiliegenden Beschwerden an den
Unabhaengigen Verwaltungssenat fuer Niederoesterreich entnommen
werden kann - am 17.01.2000 allesamt Opfer einer Haus- und
Personsdurchsuchung im Block 3 des Fluechtlingslagers
Traiskirchen.

Die Haus- und Personsdurchsuchung erfolgte ohne strafgesetzliche
Grundlage. Es existierte kein Hausdurchsuchungsbefehl fuer die
gegenstaendlichen Oertlichkeiten, noch waren die Angezeigten im
Rahmen des SPG [Sicherheitspolizeigesetz, Anm.] dazu befugt, Haus-
und Persons- durchsuchungen vorzunehmen.

Die Angezeigten haben - offenkundig aus eigener Macht - diese
Amtshandlungen vorgenommen, sie waren bzw sind allesamt Beamte.

Beim Einsatz haben u.a. auch Hunde teilgenommen, nicht allerdings
um nach verbotenen Suchtgiften etwa nach dem SMG
[Suchtmittelgesetz, Anm.] zu suchen, sondern ausschlieszlich um
die Anzeiger *in Schach zu halten* bzw einzuschuechtern. Ein Hund
wurde nicht daran gehindert, die auf dem Bett liegende mj. V.L.,
die zum Vorfallstag nicht ganz 2 Monate alt war (Saeugling), die
nicht zu ihrer Mutter durfte bzw die Mutter von der
Kontaktaufnahme mit dem Saeugling abgehalten wurde, zu
beschnueffeln und anschlieszend ueber das gesamte Gesicht
abzulecken (vor allem Paragraph 92 StGB).
Die mj. V.L. wurde (von Ihrer Mutter getrennt) auf einem Bett fuer
die Dauer von ca. einer Stunde bei offenem Fenster belassen. Durch
die Weigerung, dass die Mutter den Saeugling an sich nimmt, wurde
das mj Kind in eine hilflose Lage gebracht und im Stich gelassen.
Durch das geoeffnete Fenster (Minusgrade) und die gleichzeitig
geoeffnet gehaltenen Tueren, herrschte im Zimmer 13 Zugluft, die
ge- eignet war, das Leben der mj. V.L. zu gefaehrden (Paragraph 82
StGB). Dem Anzeiger K. wurden anlaesslich der Amtshandlung (mit
gespreizten Beinen und Armen an der Wand stehen) - von einem
Beamten - die Haende mit Gewalt an die Wand gedrueckt und
anschlieszend - vermutlich mit der Faust - auf die ausgespreizten
Finger geschlagen, wobei er eine Fingerquetschung erlitt
(Paragraphen 83, 84 StGB).

Diese hatte eine laenger andauernde Gesundheitsschaedigung zur
Folge, die anschlieszend aerztlich behandelt wurde (Paragraph 84
StGB). Verschiedene Anzeiger wurden mit Schlagstoecken geschlagen
und gestoszen.(I.; K.; O.; K.; L., M.; M.) Einige Anzeiger wurden
so fest mit Plastikfesseln gefesselt, dass sie im Bereich der
Handgelenke Einschnitte erlitten (Paragraphen 83, 88 StGB)(K.,
A.).

Der Anzeiger K. wurde auf seine Bitte hin, man moege die
schmerzhafte Art der Handfesselung (Plastikbaender) ein wenig
lockern, von einem Beamten zu sich gewunken. Er ging - in der
Hoffnung, dieser wuerde die Fesselung lockern oder ganz aufheben
in dem die Fesseln entfernt wuerden) zu ihm hin. Der Beamte zog
die Fesseln noch fester zu, sodass der Anzeiger vor Schmerzen laut
aufschrie. Die Plastikfesseln schnitten in die Handgelenke
(Paragraphen 83, 92, 93 StGB). Er wurde von den umstehende Beamten
mit hoehnischem Gelaechter bedacht. Niemand schritt ein oder
gewaehrte ihm Hilfe, niemand unterband das offenkundig auf
Schmerzzufuegen ausgerichtete Festerziehen der Fesseln. Der
betreffende Beamte ist Vorsatztaeter, die anderen Mittaeter in
mehrfacher Hinsicht. Die maennlichen Anzeiger wurden allesamt mit
Plastikfesseln gefesselt. Sie durften sich ebenso wie die
weiblichen Anzeiger, nach ihrer Konfinierung nicht vom
zugewiesenen Ort weg bewegen. Ihnen wurde allesamt die Bitte,
Wasser zu trinken oder /und auf die Toilette zu gehen, verwehrt.
Die Amtshandlung dauerte 4 1/2 Stunden. (Paragraph 99 StGB). Die
Verweigerung des Aufsuchens der Toilette (zum Urinieren) und der
Wasseraufnahme (Trinken) war besonders qualvoll und unmenschlich.

Teilweise durften weibliche Gefangene auf die Toilette gehen,
teilweise nicht. Die, die nicht gehen durften, konnten den
Harndrang nicht mehr zurueckhalten und urinierten sich selber an.
Einige, denen das Aufsuchen der Toilette gestattet wurde, durften
die Notdurft nur im Beisein von Beamten (weiblich und maennliche)
verrichten, was besonders entwuerdigend war. Die Notdurft durfte
aber nicht in die dafuer vorgesehen Klomuschel vorgenommen werden,
sondern musste neben der Klomuschel erfolgen und dabei wurden die
Anzeigerinnen beobachtet. Zum Teil gelang es ihnen daher nicht,
ohne sich selbst zu benaessen oder die hinuntergezogene
Unterwaesche oder Hosen zu beschmutzen, die Notdurft zu
verrichten. Diese erfolgte unter staendigem Beisein von Beamten
und unter deren hoehnischem Gelaechter (Paragraphen 92, 93, 115,
312 StGB) (K.; M.). Das sich selbst Anurinieren wurde mit
zynischem und veraechtlichem Lachen und *Wortspenden* bedacht.
Dies war besonders entwuerdigend.

In keinem einzigen Fall wurden die Anzeiger ueber die Amtshandlung
in Kenntnis gesetzt noch ueber ihre Rechte belehrt. Die
Hausdurchsuchung erfolgte ohne richterlichen Befehl Paragraph 109
StGB) Die Anzeiger erteilen die Ermaechtigung zur Verfolgung der
Taeter!!!

Dem Anzeiger K. wurde der Koffer aufgebrochen und beschaedigt. Der
Koffer ist kaputt (Paragraph 125 StGB).

Die Behandlung der Anzeiger durch die Angezeigten erfolgte
z.T. menschen-unwuerdig. Die Angezeigten behandelten die Anzeiger
z.T. wie Vieh. Sie wurden hoehnisch ausgelacht und teilweise mit
Schimpfwoertern belegt wie *shut up*, *you have not right to
speak, we are the police*, *you are not humans*. Einzelne Beamte
bedachten die Anzeiger mit Worten wie *Kusch! Ruhe! Stop!! etc*.
Den Angezeigten war z.T. daran gelegen, die Anzeiger laecherlich
zu machen, insbesondere als einige maennliche Anzeiger sich coram
publico nackt ausziehen und dort verharren mussten, an ihnen
Analvisitation (K.; N.) etc vorgenommen wurden oder auch nur der
Anus fuer eine laengere Zeit hindurch - wiederum vor den Augen
aller Anwesenden - betrachtet wurde (S., E.) (Paragraph 115 StGB).
Dies erfolgte in einer die Menschenwuerde verletzenden Art und
Weise. Die notwendige Ermaechtigung zur Verfolgung der Taeter wird
hiermit erteilt.

Einige maennliche Anzeiger mussten sich -- ebenfalls coram publico
-- einer Analvisitation unterziehen. Dabei wurde ein und derselbe
Handschuh bei verschieden Anzei- gern verwendet. Der Beamte trug
Handschuhe, die er aber nicht wechselte. Nach dem er den Finger in
den Anus des einen einfuehrte , im Anus herumbohrte und den Finger
wieder aus dem Anus herauszog, geschah diese auch bei der
darauffolgenden Person in der selben Weise. (N., K. zweimal).

Es bestand und besteht die Gefahr, dass damit die Verbreitung
einer uebertragbaren Krankheit herbeigefuehrt wurde (Paragraph 178
StGB bzw Paragraph 179 StGB). Ebenso geschah dies bei einer
weiblichen Anzeigerin, als bei ihr eine Vaginalvisitation
durchgefuehrt wurde. Eine weibliche Beamtin bohrte in der Vagina
herum und zog dann den Finger aus der Vagina wieder zurueck (K.).

Es besteht hier der dringende Verdacht der Begehung einer
strafbaren Tat nach Paragraphen 201 bzw 202 StGB, weil das
Einfuehren eines Fingers in den Anus bzw in die Vagina, noch dazu
in dem Zustand, dass der Anzeiger mit den Haenden auf dem Ruecken
gefesselt war und sich daher nicht wehren konnte, Gewaltanwendung
darstellt und die Handlung eine dem Beischlaf gleichzusetzende
geschlechtliche Handlung darstellt bzw eine durch Gewalt
ausgeuebte Duldung einer geschlechtlichen Handlung angewendet
wurde.

Dadurch, dass die Handlungen auch oeffentlich vorgenommen wurden,
und das Verhalten der Beamten geeignet war, bei den uebrigen
Betrachtern allesamt ein berechtigtes Aergernis zu erregen, kommt
auch die Strafbestimmung des Paragraph 218 StGB in Betracht. Es
scheint aber auch Paragraph 286 StGB verwirklicht zu sein, da die
an den strafbaren Handlungen nicht beteiligten Beamten es
unterlieszen, die mit Strafe bedrohte Handlung, die schon begonnen
hatte, zu verhindern. Die Beamten sind insbesondere geschult und
wissen daher exakt, was eine strafbare Handlung darstellt und
wasnicht.

Sie koennen auch -- insbesondere wurden sie dazu ausgebildet --
unterscheiden, ob eine Straftat unmittelbar bevorsteht, oder schon
begonnen wurde (Analvisitation mit ein und dem selben Handschuh,
Vaginalvisitation, Verweigerung der Aufnahme von Wasser;
Verweigerung der Aufsuchung der Toilette, um die Notdurft zu
verrichten etc.).

Die Angezeigten haben alle im Rahmen ihrer Berufsausuebung und
sohin als Beamte gehandelt. Sie sind daher besonders geschulte
Organe und als solche im Rahmen der Strafrechtspflege aufgetreten.
Sie haben daher ihre Amtsgewalt wissentlich missbraucht, weil sie
ohne konkreten Tatverdacht und ohne die formellen Voraussetzungen
dazu nach der Hausrechtsverletzung die Personsdurchsuchungen und
Koerpervisitation durchgefuehrt haben. Die Hausdurchsuchung war iS
Paragraph 303 StGB rechtswidrig. Die anschlieszenden Handlungen
waren ebenfalls gesetzlos. Sie verstoszen darueber hinaus gegen
die genannten Strafrechtsbestimmungen (Paragraphen 302, 303 StGB)

Alle Angezeigten haben durch eigene Initiative oder durch das
kritiklose Gewaehrenlassen einiger Beamter teils als unmittelbare
Taeter, teils als Mit- bzw Beitragstaeter, teils durch aktives
Tun, teils durch Unterlassung, sowie teilweise durch Bestim-
mungstaeterschaft oder in Form des Versuches, teilweise
wissentlich, teilweise vorsaetzlich oder fahrlaessig die
strafbaren Handlungen begangen. Daher ist Paragraph 313 StGB mit
zu beruecksichtigen. Ruecktritt vom Versuch ist in keinem Falle
anzunehmen, auch nicht Notwehr oder Nothilfe bzw Rechtsirrtum oder
Putativnotwehr.

Bei den Angezeigten ist insbesondere als erschwerend anzufuehren,
dass teilweise die Strafschaerfungsgruende des Paragraph 34 StGB
greifen so die mehreren strafbaren Handlungen gem. Zif 1, die
Verfuehrung von anderen zu strafbaren Handlungen nach Zif 3, die
Urheberschaft oder Anstiftung bzw. fuehrende Beteiligung nach Zif.
4, die rassistisch, fremdenfeindlichen oder sonst aus
verwerflichen Gruenden motivierte Tatbegehung gem. Zif 5, die z.T
grausamen und fuer die Opfer qualvolle Begehensweise nach Zif 6
und letztlich die Begehung der Straftaten an Wehr- und Hilflosen
gem. Zif 7 leg. cit. Dies wird hiermit zur Anzeige gebracht.

Auf die beiliegenden Beschwerdeschriftsaetze, die an den UVS NO
gegangen sind, wird hingewiesen, insbesondere auf die darin
angebotenen Beweismittel der Einvernahme der jeweiligen Anzeiger
etc.

Zum Beweis wird auch die Einholung des Berichtes des LGK NO - den
Einsatz betreffend, angefuehrt, sowie die Bekanntmachung der
Namen, Vornamen, Geburtsdaten und Dienstgrade der Angezeigten.

Die Angezeigten entstammen dem LGK NOe, der Sondereinsatzgruppe
des BMI und der Gendarmerieposten Traiskirchen sowie Trumau.
Wie die Anzeiger bereits durch ihren Vertreter informiert sind,
hat das LGK NOe bereits vom Gericht den Auftrag erhalten,
Erhebungen gegen die - bis dato unbekannten Beamten -
durchzufuehren.

Nach dem derzeitigen Wissensstand hat das LGK NO bzw das BMI
bereits eine Untersuchungskommission in dieser Sache eingerichtet,
die den strafrechtlichen und dienstrechtlichen disziplinarrechtlichen)
Vorwurf zu ueberpruefen hat.           *Quelle: Widerst@nd/Mund*




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