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Aussendezeitpunkt: Di, 25.01.00, 15:16 *
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Lateinamerika:

> Zum Aufstand in Ecuador

"Die Lage ist sehr unklar zur Zeit" meinte ein Korrespondent in
Ecuador letzte Woche. In der Zwischenzeit hat sich dort viel getan
und wenn diese akin ausgeliefert wird, ist vielleicht alles schon
ganz anders. Im ganzen Land wurden Volksparlamente gebildet, um
eine alternative politische Macht zu bilden. In ganz Ecuador sind
riesige Massen hauptsaechlich indigener Menschen vom Land in die
Staedte gestroemt, um sie zu "besetzen" -- allein in Quito sollen
mehrere Zehntausende sein. Umgekehrt hatte die die Regierung
versucht, die Bergregionen militaerisch zu besetzen, um einen
weiteren Zustrom zu verhindern. Am 5.Jaenner war der
Ausnahmezustand verhaengt worden.

Dennoch wurde am Freitag nach einem Sturm dieser Massen mit
Unterstuetzung von Teilen der Armee der gewaehlte Praesident Jamil
Mahuad abgesetzt und kurzfristig eine Dreier-Junta unter Fuehrung
des Vorsitzenden der IndĄgena-Konfoederation CONAIE, Antonio
Vargas, gebildet. Und am Samstag von den Militaers gleich wieder
abgesetzt -- auch nach Meinung von Kommentatoren buergerlicher
Medien auf Druck der USA, die mit Wirtschaftsboykott drohten.

Die Rolle und der organisatorische Zustand der Armee sind dabei
vollkommen ungeklaert. Der Anteil an IndĄgenas in der Truppe ist
ueberdurchschnittlich hoch und die Armeefuehrung hatte vor drei
Wochen Erklaerungen gemacht, die die Aufstaendischen
unterstuetzen. Andererseits waren Teile der Armee die laengste
Zeit loyal zu Mahuad und installierten jetzt den offiziellen
Stellvertreter Mahuads, Gustavo Noboa, zu seinem Nach-Nachfolger.

Von Noboa erwartet sich aber niemand eine andere Politik als von
Mahuad -- was aber wohl dringend notwendig waere. Denn oekonomisch
ist das Land bankrott. Die Einfuehrung des US-Dollars als Ersatz
fuer die Nationalwaehrung Sucre am 11.Jaenner haette die
Wirtschaft stabilisieren sollen, fuehrte aber zu einem Einfrieren
der Konten -- und zwar auch der kleinsten. Nachdem dies der
Ausloeser des Sturzes Mahuads gewesen war, wird Noboa sich kaum
lange im Amt halten koennen, wenn er bei dieser Politik bleibt. *akin*

Quelle: v.a. a-infos http://www.ainfos.ca

***

> Folgender Aufruf stammt von letzter Woche, als Mahuad noch an der
> Macht war:

Die "Konfoederation der Indigenen Nationalitaeten von Ecuador"
(CONAIE) ruft zusammen mit anderen gesellschaftlichen Organisationen
des Landes alle Organisationen der Solidaritaet, der Menschenrechte,
alle Schwesterorganisationen der indigenen Gemeinden auf dem Kontinent
dazu auf, Aktionen durchzufuehren, die geeignet sind, das Ausmasz an
Repression, an Verletzung der Menschenrechte zu senken und das System
der Diskriminierung und der rassistischen Gewalt zu beenden, das
Verwaltung und Streitkraefte von Ecuador auf Befehl der Regierung Dr.
Jamil Mahuad anwenden.

Der Kampf der Voelker von Ecuador besteht heute aus legitimen
Aktionen, die in der Verfassung anerkannt werden, die das Volk als
Souveraen anerkennt.

Fuer die verfassungsgemaesze Anerkennung des Geistes unserer heiligen
Berge, Fluesse, Wasserfaelle und Meere, und um unsere Wuerde um jeden
Preis aufrecht zu erhalten, bilden wir, die Voelker von Ecuador,
Volksparlamente und fuehren die Grosze Erhebung in den Staedten als
Formen des Widerstandes gegen die neoliberale, korrupte gegen Volk und
Souveraentit gerichtete Politik durch, die von Bankiers,
wirtschaftlichen Machtgruppen und der Regierung, die nur diese
repraesentiert, erzwungen werden.

Am 11. Januar, nach der Organisierung der Gemeinde-, Kreis- und
Provinzparlamente, haben wir des Nationalparlament der Gemeinden
gebildet, als alternative und souveraene Form der Macht, in dem die
verschiedenen Teile der Gesellschaft diskutieren und eine Regierung
des plurinationalen Staats bilden. [...]

Wir verlangten den Ruecktritt von Praesident Mahuad wegen Verrats an
den Interessen des Landes. Weil er 1,5 Milliarden Dollar an
Staatsresourcen an eine Bank verschoben hat, deren Eigentuemer ihre
Anleger bestohlen haben. Er hat diese Banken und ihr Raubgut
beschuetzt. Zusaetzlich hat er denselben Banken erlaubt, mit der
Waehrung zu spekulieren, die innerhalb eines Jahres von 7.000 Sucres
auf 25.000 Sucres fuer einen Dollar gefallen ist.

Und dann hat er die Dollarisierung der ecuadorianischen Wirtschaft
befohlen. Das bedeutet, der Lohn betraegt 40 Dollar, aber die
Einkaeufe fuer eine fuenfkoepfige Familie belaufen sich auf 250
Dollar. In der Landwirtschaft sind Investitionen fuer Indigenas und
Bauern nicht mehr moeglich. [...]

Die Staedte bieten uns nur schlimmeres Elend. Obwohl die Regierung von
groszen Investitionen fuer Gesundheit und Bildung spricht, hat sie den
freien Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung praktisch
abgeschafft. Die Leute erhalten zwar eine medizinische Diagnose,
koennen sich aber den Kauf von verschriebenen Medikamenten nicht
leisten. [...]

Derselbe Dr. Mahuad, der vom Recht auf Hoffnung und vom Traum der
Ecuadorianer spricht, antwortet uns mit 35.000 Armeeangehoerigen und
10.000 Polizisten sowie mit einer Staatsmobilisierung und einem
Notstand, als seien wir im Krieg und es gaebe keine Buergerrechte
mehr. Sie zerstoeren Haeuser. Wir koennen in unserem eigenen Land
nicht gehen, wohin wir wollen. Sie verhindern unsere Zusammenkuenfte.
Aber wir haben uns ihnen entgegengestellt mit dem biszchen Macht, das
wir uebrighaben, mit buergerlichem Ungehorsam.

Aus diesem Grund haben wir die Einnahme von Quito fortgesetzt. Die
Mehrheit von uns kam voran wie Regen, wie Nebel, wie der Wind, sie
taeuschten die Militaerkontrollen. Nun sind wir mehr als 10.000
Indigenas in Quito und bereiten die Einnahme weitere Staedte vor.
*gekuerzt; Quelle: a-infos*


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