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BRD:

> Pruegelnde Beschuetzer

Ein ehemaliger PDS-Sympathisant und die Polizei tragen Zwietracht in
die Berliner PDS

Fuer den 9.Jaenner war die traditionelle Demonstration zur Ehrung von
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht angesetzt gewesen - und wurde
verboten. Die Anmelder verschieben daraufhin die Demo. Dennoch findet
die Demo mit ein paar tausend Menschen statt, es kommt zu Rangeleien
mit der Polizei und auch etlichen Festnahmen.

Sowas hat man schon haeufiger erlebt, alles wie gehabt, scheint es --
und doch ist diesmal alles anders. Der Berliner Olaf-Juergen Staps,
der sich von der PDS enttaeuscht fuehlte, weil sie ihn in seinem Kampf
gegen seinen Vermieter nicht unterstuetzt haette, hatte in Briefen
gedroht, die von der Partei angemeldete Demonstration mit einem
Maschinengewehr und Handgranaten anzugreifen. Da der potentielle
Attentaeter noch nicht gefaszt wurde, reichte das der Polizei, die
Kundgebung zu untersagen. Die PDS wollte das Risiko nicht tragen,
verschob ihre Anmeldung auf den 15. und verteilte bei der Kundgebung
am 9. Flugblaetter an die Demonstrationswilligen des Inhalts, doch
bitte nach Hause zu gehen und erst in einer Woche wiederzukommen.

Das fuehrte nun zu wilden Streitereien innerhalb der Linken. Denn dasz
dieser Untersagungsgrund der Polizei nicht unwillkommen war, lag offen
auf der Hand. Schlieszlich ist die "LL-Demo" in Berlin DIE
traditionelle linke Groszveranstaltung schlechthin. Viele
Demonstranten waren von weit her angereist, andere sahen nicht ein,
warum man sich ein Verbot so einfach gefallen laeszt. Schon auf der
Demo selbst bekommen die anwesenden PDS-Vertreter einiges zu hoeren:
"Wenn die Nazis marschieren, gibt es genug Polizisten, um sie zu
beschuetzen" und "Wer regierungsfaehig sein will wie die PDS, musz
wohl mit der Polizei zusammenarbeiten", zitierte die "taz" einige
Demonstranten. Auch dasz die PDS-Verantwortlichen nicht einmal
juristische Schritte gegen das Verbot eingeleitet haben, wird ihnen
zum Vorwurf gemacht.

Dasz statt dem durch Abwesenheit glaenzenden Attentaeter die Beamten
die Demo angriffen, macht die Sache auch nicht gerade leichter. Die
Polizei expedierte genueszlich ein paar Demonstranten in den Kotter,
weil die gegen ein Verbot verstoszen haben, das sie angeblich
schuetzen sollte. Die PDS sprach hinterher von einer "Menschenjagd der
Uniformierten", aber die Frage stellt sich dann doch: Was habts
glaubt, was passieren wird?

Auf der Ersatz-Demo am Sonntag sollen es laut PDS und "junge Welt"
100.000 Menschen gewesen sein, die zum Grab von Luxemburg und
Liebknecht pilgerten. Doch ob davon die demokratisch-sozialistische
Welt wieder heil wird, bleibt sehr fraglich. Hatten sich doch die
Parteiverantwortlichen, allen voran die Berliner PDS-Vorsitzende Petra
Pau, der Bundesparteichef Lothar Bisky und der Fraktionschef Gregor
Gysi, allzuleicht ihr Beharren auf dem Demonstrationsrecht ausreden
lassen. Kritiker befuerchten darin einen Praezendenzfall -- mit vagen
Drohungen irgendeines vielleicht sogar fiktiven Attentaeters koennte
jede unbequeme Demo abgewuergt werden.

Eine Gefahr, die in einem Interview gegenueber der taz auch Pau "fuer
real" haelt. Jedoch ginge es dabei "nicht um die PDS oder die Linke,
sondern um die Frage, ist der Staat erpreszbar?"

Was ihr wahrscheinlich wieder den Verdacht der staatstragenden Haltung
einbringen wird. Denn jene etablierten politischen Institutionen in
Deutschland, die ein Verbot linker Groszdemonstrationen wenig stoert,
werden schon die n„mlichen sein, die sich auf einen Schutz ihrer eigenen
Veranstaltungen durch die Polizei auch fuerderhin verlassen werden
koennen. Und es sind auch wohl dieselben, die sich darueber freuen,
wenn sich die Linken gegenseitig beschimpfen. *Bernhard Redl*


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