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Antimilitarismus/Prozesse/BRD:

> Aufruf zum Ungehorsam

Freisprueche erscheinen moeglich

Anfang November 1999 teilte die politische Polizei Muenster dem
Muensteraner Soziologen Dr. Bernd Druecke mit, dass gegen ihn
strafrechtlich ermittelt wird. Er habe sich als presserechtlich
verantwortlicher Redakteur der alternativen Monatszeitung
"Graswurzelrevolution" und als Mitunterzeichner von
Desertionsaufrufen waehrend des Kosovokriegs strafbar gemacht.
Seit 1972 erscheint die Graswurzelrevolution (GWR). Die bundesweit
mit einer Auflage von 30.000 Exemplaren verbreitete GWR-
Aktionszeitung Nr. 2/99 "Stoppt den Krieg! Nein zu Bomben, Krieg,
Vertreibung!" und der im Mai in der Graswurzelrevolution Nr. 239
veroeffentlichte "Aufruf an alle Soldaten: Verweigern Sie Ihre
Beteiligung an diesem Krieg!" sei eine "oeffentliche Aufforderung
zu Straftaten" (Paragraph 111 D-StGB; entspricht dem dem akin-
Publikum sattsam bekannten Paragraph 282 Oe-StGB). In dem Aufruf,
der sich an die Soldaten aller Kriegsparteien richtet, heiszt es
u.a.: "Eine Beteiligung an diesem Krieg ist nicht zu
rechtfertigen. Verweigern Sie deshalb Ihre Einsatzbefehle!
Entfernen Sie sich von der Truppe! Lehnen Sie sich auf gegen
diesen Krieg! Es gilt: Aktive Soldaten sind potentielle Moerder.
Und Opfer eines moerderischen Krieges. Deserteure und
Kriegsdienstverweigerer jedoch sind Friedensboten."

Gegen mehr als 30 UnterzeichnerInnen des Aufrufs, darunter
Graswurzelmitarbeiter Andreas Speck (Oldenburg) und Prominente wie
Professor Wolf-Dieter Narr (FU Berlin), Clemens Ronnefeld
(Versoehnungsbund) und Professor Roland Roth, wird ebenfalls
strafrechtlich nach Paragraph 111 D-StGB ermittelt. Gegen einige
UnterzeichnerInnen ergingen bereits Strafbefehle zwischen 2.500
und 7.000 DM. In einem ersten Prozess gegen einen der
Erstunterzeichner am 4. November in Berlin wurde Dr. Wilfried
Kerntke aus Offenbach freigesprochen, da der Aufruf zur
Befehlsverweigerung und Fahnenflucht waehrend des auch von vielen
Juristen und Politikern als voelkerrechtswidrig eingeschaetzten
Krieges der NATO vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt gewesen
sei. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat angekuendigt, dass sie in
Berufung gehen will.

Dasz das von der gleichen Staatsanwaltschaft gefuehrte
Ermittlungsverfahren gegen Bernd Druecke zu einem Prozess fuehren
wird, ist nicht auszuschliessen. Druecke sieht das Verfahren auch
als Angriff auf die Pressefreiheit. "Auch nach der Atomkatastrophe
in Tschernobyl und waehrend des Golfkriegs 1991 hat es Paragraph
111-Verfahren - u.a. wegen Blockadeaufrufen - gegen die
Graswurzelrevolution gegeben." Druecke vermutet, dass es bei dem
Ermittlungsverfahren gegen ihn "primaer um Einschuechterung" gehe:
"antimilitaristische Menschen sollen mundtot gemacht werden." Der
Paragraph 111 StGB sei auch bei kritischen Juristen und
Juristinnen umstritten und werde als "verfassungswidriger
Schnueffel- und GummiParagraph " kritisiert. Mehr als 80% der
Verfahren wuerden eingestellt, bevor es zu einem Prozess kommt.
*GWR/akin*

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Weitere Informationen und Unterschriftenlisten gibt es bei:
Graswurzelrevolution-Redaktion, Breul 43, D-48143 Muenster. Tel.
0251/48290-57, Fax: -32. Email: GWR-Muenster@oln.comlink.apc.org


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