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Aussendungszeitpunkt: 11.11.99; 22:20
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Verkehr:

> Buegeleisen mit Spoiler

Bevoelkerungsexplosion oder Autoexplosion!?


"Einen Diesel in die Welt zu setzen kann etwas Wunderbares sein",
so animiert uns die aktuelle Mercedes-Diesel Werbung. Anstatt das
Auto als Transportmittel zu sehen, hat der Mensch eine emotional-
erotisch-soziale Beziehung zum Auto aufgebaut. Kein Mensch
schreibt sich auf seine Waschmaschine: Mausi 7 oder montiert auf
sein Buegeleisen einen Spoiler. Und immer mehr Menschen gehen
diese Beziehung ein. Fuer 8 Millionen OesterreicherInnen stehen
bereits 4 Millionen Autos zur Verfuegung. Die Sucht nach dem Auto
ist so stark, dasz wir lieber ueber alle anderen Probleme
diskutieren. So wird die weltweite Bevoelkerungszunahme permanent
als groesztes Problem fuer das Oekosystem Erde dargestellt.

Mit bedrohlichen Begriffen wie "Bevoelkerungsexplosion" oder die
"B-Bombe" wird die Bevoelkerungszunahme in den Laendern der
"Dritten Welt" veranschaulicht. Durch die massive Medienarbeit der
letzten Jahre gehoert das Problem der "Bevoelkerungsexplosion"
bereits zum Allgemeinwissen. Kaum jemand weisz, dasz sich die
Autos viermal so schnell vermehren wie die Weltbevoelkerung.
Allein in Europa mit 370 Millionen Menschen besitzt jeder zweite
bereits ein Auto. Dagegen muessen sich 1,2 Milliarden Chinesen 12
Millionen Autos teilen und in ganz Afrika gibt es nur 8 Millionen
Autos. Insgesamt fahren auf unserem Globus derzeit 500 Millionen
Autos herum. Seit 1950 vermehren sie sich pro Jahr um 5,9%. In
Zahlen ausgedrueckt: Jeden Tag rollen ueber 100.000 Autos von den
Flieszbaendern - pro Jahr ca. 36 Millionen! Die vielzitierte
globale Bevoelkerungsanstieg liegt bei ca.1,6% pro Jahr. Haelt
dieses Wachstum an, so musz man schon in 25 Jahren mit einer
Milliarde Auto rechnen.

Im Gegensatz zum Menschen ist das Auto kein Naturprodukt, sondern
ein sehr materialintensiv und umweltschaedliches Produkt. Am
Beispiel eines VW-Golf`s wurde erstmals eine "oekologische
Bilanzierung" ueber eine Distanz von 150.000 km in 10 Jahren
vorgenommen.

Das Ergebnis: Waehrend des gesamten Lebenszyklusses emittiert der
Golf 36 Tonnen CO2. Der Anteil der Herstellung liegt bei 4 Tonnen
CO2, waehrend der Nutzungsphase 29 Tonnen. Zur Orientierung:
Verfaehrt man einen 50 Liter Tank, erzeugt man 180 kg CO2 .

Die elektronischen Komponenten wurden allerdings nicht bilanziert.
Eine Oekobilanz der Elektronik wuerde die Materialstroeme deutlich
erhoehen, da schon die Herstellung eines Personal-Computers 11
Tonnen CO2 benoetigt. Hierbei waere es interessant zu erfahren,
inwieweit die im Fahrzeug eingesetzte Elektronik - z.B. zur
Senkung des Spritverbrauchs oder zur Verringerung schaedlicher
Emissionen - auf die Materialbilanz auswirkt.

Globalisiert man die Oekobilanz eines Produkt so erlebt man oft
boese Ueberraschungen. So auch beim Katalysator, der zwar lokal
zur Verbesserung der Luftguete beitraegt, aber nicht zur
Entlastung der globalen Umwelt. Schadstoffe wie Stickoxide,
Kohlenwasserstoffe und Kohlenmonoxid werden zwar um bis zu 90
Prozent herausgefiltert, doch bei der Umwandlung der
Kohlenwasserstoffe und einigen Stickoxiden entsteht Lachgas. In
den USA sind zwischen 1990 und 1996 - parallel zur Einfuehrung des
Katalysators - die Emissionen von Lachgas, dessen
Treibhauswirksamkeit fast 300 mal so stark wie von CO2 ist, um 49%
gestiegen! Zudem senken Katalysatoren die Motorleistung weshalb
mehr Sprit verbrannt werden musz und mehr CO2 frei wird. Man
faehrt nun mit Vollgas in den Treibhauseffekt!

Auch die Produktion der Kats ist extrem umweltbelastend, da der
"oekologische Rucksack" von Platin riesig ist - pro Katalysator
benoetigt man zwei bis drei Gramm des edlen Metalls.

"Die Entlastung der Umwelt durch den Betrieb der Katalysatoren in
Oesterreich geht auf das Konto der Umwelt in Ruszland, Suedafrika
und Kanada", erklaert Christian Hochfeld vom Oeko-Institut, "dort
wird Platin zusammen mit Kupfer und Nickel gefoerdert. Wir
verlaengern praktisch den Auspuff unserer Autos bis hinter den
Ural und ans Kap der guten Hoffnung".

Da bei der Foerderung und Aufbereitung des Erzes grosze Mengen
Schadgase freigesetzt werden, benoetigt ein Katalysator bis zu
einem Viertel seiner Lebenszeit von ca. 100.000 km, um die
oekologischen Lasten abzulegen, die ihm bei seiner Herstellung
aufgebuerdet werden.

Von den jaehrlich gefoerderten 130 Tonnen Platin wird nur ein
Drittel in die Abgaskatalysatoren eingebaut. Doch trotz der
geringen Menge muessen fuer die Gewinnung Berge versetzt werden,
da Platin nur in geringer Konzentration vorkommt.

Ueberdies bleiben die Masznahmen zum nachsorgenden Umweltschutz an
vielen Produktionsstandorten weit hinter dem technischen Standards
zurueck. Durch die fehlenden Rauchgasfilter produzieren allein die
Minen im russischen Noril'sk in Ruszland in einem Jahr fast das
dreifache der gesamten jaehrlichen Schwefeldioxid-Emissionen der
alten Bundeslaender hin.

Neben Investitionen im Umweltschutz an diesen Standorten musz ein
flaechendeckendes Recycling gegeben sein. Dadurch koennten die
Emissionen der Saeurebildner bei der Bereitstellung des Platins um
den Faktor 2000 gesenkt werden.

Auch Aluminium, das von der Autoindustrie wegen seines geringen
Gewichtes als oekologischer Werkstoff gepriesen wird, ist ein
globales Problem. Aluminium braucht bei der Erzeugung Unmengen an
elektrischem Strom, der meist mit fossilen Brennstoffen erzeugt
wird. Der oesterreichische Energiebericht 1992 ruehmt sich, dasz
aufgrund der Aufloesung der Aluminiumproduktion in Ranshofen,
zusaetzlich zum milden Winter, erstmals ein Rueckgang der CO2-
Emissionen zu verzeichnen war. Denn aufgrund der
umweltschaedlichen Erzeugung wird die Aluminiumproduktion
zunehmend in die "Dritte Welt" ausgelagert: Der Anteil der
Entwicklungslaender an der weltweiten Produktion betrug 1980 14%
und ist 1995 auf 44% angestiegen! Der Verbrauch an Aluminium ist
bei uns aber nicht zurueckgegangen, sondern steigt weiterhin und
nur ein geringer Teil ist aufgrund der hochwertigen Anwendung
recyclierbar. Wir haben das Problem nur verlagert, nicht geloest!
In den reichen Industriestaaten bedeutet das 3-Liter-Oeko-Auto
mehr "Umweltschutz", aber es steigen die CO2-Emissionen durch die
Aluminiumerzeugung.

Eine zukunftsfaehige Gesellschaft braucht eine neue Generation von
Autos. In Zukunft musz sich die technische Gestaltung eines Autos
an einem verkehrspolitischen Umfeld orientieren, die folgende
Bedingungen setzt: Tempolimit auf Autobahnen 100 km/h,
Landstraszen 80 km/h, 30 km/h im Ort. Die Beschleunigung der Autos
musz unter 1,5 m/s2 liegen und die technisch moegliche
Hoechstgeschwindigkeit bei 120 km/h. Der Verbrauch darf 2,5 Liter
pro 100 km nicht uebersteigen - bei einer Leistung des Motors von
15 bis 20 kW. Die reduzierten Anfordungen an Leistung und
Geschwindigkeit schaffen guenstigere Einsatzmoeglichkeiten fuer
alternative Antriebe wie Hybrid-Motoren, Elektrospeicher, etc..
Auf Grundlage dieser Rahmenbedingungen musz das Auto so
ressourcenschonend wie moeglich hergestellt und entsorgt werden.

Unsere Gesellschaft ist anscheinend noch nicht bereit solche Dinge
zu diskutieren. Lieber laeszt man sich von Werbungen einlullen.
Opel hat letztes Jahr seine neuen Modelle mit Klimaanlagen sogar
mit dem Slogan "Das Klima aendert sich - es wird heiszer"
beworben.
*Klimabuendnis Kaernten*

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Kontakt:
Klimabuendnis Koordinationsstelle Kaernten, Mag. Christian
Salmhofer,Mag.Andreas Strasser, Rathausgasse 2 / A-9500 VILLACH,
(Tel.: 04242 / 24617-2, Fax: 04242 / 24617-4,
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