akin / aktuelle informationenPressedienst akin vom 12-03-1999
 
 



akin-Pressedienst.Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten seinn. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.


Termin/Clean Clothes

> Maquila-Reise

Immer wieder werden gravierende Arbeitsrechtsverletzungen in den
Zulieferbetrieben europaeischer Bekleidungsmultis wie C&A, H&M,
nike, adidas oder Otto bekannt. Um die Arbeitssituation der
Beschaeftigten in dieser Branche zu verbessern, hat sich
europaweit die Clean-Clothes-Kampagne formiert.

In diesem Rahmen organisiert die Frauensolidaritaet eine
Frauenreise nach El Salvador und Nicaragua. Thematische
Schwerpunkte sind die wirtschaftliche und soziale Situation von
Arbeiterinnen in den Exportproduktionszonen - in Zentralamerika
Maquilas oder Maquiladoras genannt - sowie das gewerkschaftliche
und frauenpolitische Engagement von arbeitenden und erwerbslosen
Frauen.

Die Reise dauert zweieinhalb Wochen und findet im Juli/ August '99
statt. Naechstes Vorbereitungstreffen ist am 11.3.99 um 18.00 in
der Frauensolidaritaet.

Naehere Information und Anmeldung: Bergg. 7, 1090 Wien, Tel.: 01-
317 40 20-0, Fax: 01-3174020-355, E-Mail: fsoli@magnet.at
                                    *Frauensolidaritaet 1/99*




Initiativen:

> "Zukunft trotzt Herkunft"

SOS Mitmensch startet in Kooperation mit "Echo" und "Helping
Hands" eine Jugendkampagne zur Herstellung der Chancengleichheit
in Bezug auf Bildung und Arbeitsmarkt fuer alle in Oesterreich
lebenden Jugendlichen. Die Kampagne besteht unter anderem aus
einem Wettbewerb "create your job", der Schueler und Jugendliche
auffordert, neue Berufsbilder zu entwickeln. "Zukunft trotzt
Herkunft" soll Jugendliche anregen, ihre Staerken und ihre
Kreativitaet einzusetzen. Es ist das Recht von Jugendlichen, egal
welcher sozialen oder geographischen Herkunft, ihre Ziele zu
verwirklichen, ihre Zukunft zu gestalten.

Der Wettbewerb "create your job" richtet sich an alle 14- bis 18-
jaehrigen. Die Jugendlichen werden aufgefordert, sich mit den
Bedingungen am Arbeitsmarkt auseinanderzusetzen und einen "neuen"
Beruf zu entwickeln. Anhand von 3 Kriterien (zur Auswahl stehen
Teamorientierung, Originalitaet, Marktorientierung, Integration
und Internationalitaet) sollen die Ideen ausgearbeitet und in
beliebiger Form dargestellt werden. Einsendeschlusz ist der 30.Mai
1999. Die Einsendungen werden von einer Expertenjury praemiert.
                                             *SOS Mitmensch/gek.*

Info: SOS Mitmensch, Koo-Buero Postfach 220, A-1071 Wien, Tel.
01/5249900, sos-mitmensch@t0.or.at


BRD/Manderl-Weiberl:

> Gender-Trouble in Quellendorf

Mitte Mai des vergangenen Jahres, zwei Jahre nachdem Norbert
Lindner zum Buergermeister der Gemeinde Quellendorf in Sachsen-
Anhalt gewaehlt wird, eroeffnet er in einer nichtoeffentlichen
Sitzung seinen Gemeinderaeten, dasz er in Zukunft eine
Buergermeisterin sein will, den Namen Michaela annehmen und sich
einer Geschlechtsumwandlung unterziehen werde.

Quellendorf ist ein kleiner "gepflegter" Ort, der trotz seinen
"nur" 1048 EinwohnerInnen und dank seines Buergermeisters noch
immer ueber einen Kindergarten und eine eigene Schule verfuegt.

Auch ein neues Feuerwehrhaus und ein Jugendklub sorgten dafuer,
dasz die BewohnerInnen mehr als zufrieden mit ihrer Wahl von
Norbert Lindner zum Buergermeister vor zwei Jahren waren. Mit
ueber 60 Prozent der Stimmen wurde er als Kandidat der PDS
gewaehlt. Aber die QuellendorferInnen hatten einen Mann gewaehlt,
der eine Frau und zwei Toechter hat, und der nun eine Frau werden
moechte.

Ein Mann und Buergermeister, der in Frauenkleidern im doerflichen
Jugendklub tanzt, das wollten einige QuellendorferInnen nicht
einfach hinnehmen. Der Gemeinderat sah "das Vertrauen der
BuergerInnen" nicht mehr gegeben, und sechs von acht
GemeinderaetInnen beschlossen den 29. 11. 98 als Abwahltag.

Norbert, nun Michaela Lindner, wurde zur "schillernden Figur" in
und ueber Quellendorf hinaus. JournalistInnen und immer mehr
Kamerateams waren ueber die Gemeinde hergefallen, und hatten die
BewohnerInnen als "intolerante Deppen" dargestellt. Einer
Intoleranz entgegenzuwirken oder einen differenzierten
Geschlechterdiskurs zu fuehren, dazu hatte die Journaille wenig
beigetragen. Und wieweit sich auch trotz einer nur allzuwichtigen
oeffentlichen Diskussion zur Transsexualitaet auch Frau Lindner
von den Medien instrumentalisieren liesz, soll an anderer Stelle
problematisiert werden.

Am Sonntag den 10. Jaenner 99 war es dann soweit. Quellendorf
hatte entschieden nicht nur einen Transsexuellen abgelehnt,
sondern auch eine Buergermeisterin abgewaehlt. 482 der 728
WaehlerInnen stimmten dafuer, dasz Lindner gehen musz. Michaela
Lindner hatte es geahnt, und war dennoch sichtlich enttaeuscht.
Und die QuellendorferInnen kamen zu zweifelhafter Beruehmtheit,
der Abwahltag wurde zum Medienspektakel. Einige profitierten auch
davon: Die Baeckerin erhielt an diesem Sonntag eine
Sondergenehmigung, ihr Geschaeft offen zu halten. Und neben dem
Gemeindeamt wurde fuer den groszen Tag ein eigener Imbiszstand
aufgestellt...

Michaela Lindner lebt derzeit in Berlin und moechte weiterhin fuer
die PDS politisch taetig sein.                  *Martin Koeberl*
BRD/Manderl-Weiberl:


Ausnahmsweise was zum Freuen:

> UNHCR-Preis fuer Deserteurs-Beratung

Im Juni 1998 reichte die Deserteurs- und Fluechtlingsberatung
(Schottengasse 3a, 1010 Wien) eine Darstellung ihrer Arbeit und
Empfehlungsschreiben fuer den UNHCR-Preis ein. So richtig daran
geglaubt hat niemand -- aber man kann es ja probieren. Nach dem
Ausfall von zwei Dritteln der Subventionen, der Einstellung von
Aufwandsentschaedigungen oder gar Honoraren fuer die BeraterInnen
kam im November ein Anruf, mit dem niemand gerechnet hatte. Ein
Scheck in der Hoehe von oeS 100.000,-- wurde ueberreicht und damit
die Arbeit der Deserteurs- und Fluechtlingsberatung anerkannt. Der
Preis wurde explizit fuer die Arbeit mit illegalisierten
Schutzbeduerftigen vergeben. Das heiszt, dasz die Arbeit mit
Menschen, die den Befehlen zum Toeten nicht folgen, die ungehorsam
sind, als preiswuerdig anerkannt wurde.

Die Zuerkennung des Preises ist zwar schon laenger her, aber
bislang haben wir es verabsaeumt, zu gratulieren. Was hiermit
nachgeholt waere.                                  *Zoom/akin*



Solidaritaet:

> Netzwerk des Widerstands

Oberoesterreichische Betriebsraete und GewerkschafterInnen
kaempfen fuer ihre Kolleginnen in Brasilien.

*

Am 15. Dezember 1998 wurden in der brasilianischen Zellulosefabrik
Aracruz elf Gewerkschaftsfunktionaere entlassen. Damit erhielten
sie kein Gehalt mehr, obwohl sie sofort die Entlassung vor Gericht
anfochten.

Die oberoesterreichische Gewerkschaftsgruppe "Papier Global"
reagierte sofort. Unterschriften wurden gesammelt und Protestfaxe
an das Aracruz-Management abgeschickt. Nach der ersten
Gerichtsverhandlung am 26.Jaenner 1999 kam die Erfolgsnachricht:
"Durch den Druck von Papier Global konnten zehn von elf
Entlassenen auf ihren Arbeitsplatz zurueckkehren", berichtete
Carlos Gomes, Gruender der Betriebsgewerkschaft in Aracruz, seinen
oesterreichischen Kollegen.

Die Kooperation zwischen den Aracruz-Betriebsraeten und Papier
Global ist ein zentraler Knotenpunkt im Netz der internationalen
Taetigkeit des Oesterreichischen Gewerkschaftsbundes (OeGB) und
der Central Unica dos Trabalhadores (CUT), dem groeszten, links
orientierten Gewerkschaftsbund in Brasilien.

In der Arbeitsgruppe Papier Global haben sich Betriebsraete von
drei oberoesterreichischen Papier- und Zellulosefabriken
zusammengeschlossen, um die Auswirkungen der Globalisierung auf
ihre Branche und ihre Arbeitsplaetze zu studieren. Im Zuge dieser
Recherchen luden sie Carlos Comes nach Oesterreich ein und
brachten ihn in Betriebsversammlungen mit oesterreichischen
Kollegen in Kontakt. Bald darauf, im Juni des Vorjahres, erfolgte
der Besuch einer 17koepfigen (!) Delegation von Papier Global in
Aracruz. Seither findet ein regelmaesziger Austausch zwischen den
GewerkschafterInnen aus Oesterreich und Brasilien statt. Weil
Aracruz die Rechte der Betriebsraete und der von der Landgier des
Werkes betroffenen indigenen Voelker mit Fueszen tritt,
organisiert Papier Global Solidaritaetsaktionen in Oesterreich.

Die Reaktion der Aracruz-Geschaeftsfuehrung ist bemerkenswert. Vor
der Brasilienreise von Papier Global war der PR-Manager der
Fabrik, Carlos Roxo, extra nach Osterreich gekommen, um die Plaene
der Gruppe auszuloten. Dieser direkte Kontakt fuehrte dazu, dasz
seit Monaten ausgesperrte Aracruz-13etriebsraete mit der
oesterreichischen Delegation erstmals wieder ihre eigene Fabrik
betreten durften.

Warum reagiert Aracruz auf internationale Gewerkschaftskontakte so
sensibel, obwohl es gegen die eigenen Gewerkschafter mit aller
Haerte vorgeht? Papier Global greift das Unternehmen dort an, wo
es am verwundbarsten ist: bei seinem Image unter den moeglichen
Abnehmern fuer Zellulose in Europa. Denn 94 Prozent der Produktion
werden exportiert. Mehr als ein Drittel davon nach Europa, ein
kleiner Teil auch nach Oesterreich.

Ein moeglicher Ansatzpunkt, um Unternehmen wie Aracruz zu sozial-
und umweltvertraeglichem Verhalten zu "motivieren", ist die
Aufwertung international anerkannter Produktionsguetesiegel.

Papier Global beschaeftigt sich daher intensiv mit dem fuer
Forstbetriebe entwickelten und auch von Greenpeace anerkannten
Guetesiegel "Forest Stewardship Council" (FSC). Dieses beinhaltet
Kriterien fuer eine nachhaltige Bewirtschaftung und
beruecksichtigt auch Rechte der indigenen Bevoelkerung und der
Arbeiter.

Von Papier Global auf dieses Guetesiegel angesprochen, antwortete
PR-Manager Carlos Roxo: "Aracruz nimmt an der Entwicklung der FSC-
Standards fuer Forstwirtschaft in Brasilien regen Anteil. Erst
nach endgueltiger Ausarbeitung dieser Standards und ihrer
Bewertung wird entschieden, ob wir uns zertifizieren lassen
wollen."

Hier kann Druck aus den Kundenlaendern nachhelfen. Diesen will
Papier Global in Absprache mit der Gewerkschaft und der
Zivilgesellschaft in Aracruz entwickeln.
          *Walter Sturm & Martin Windtner, Suedwind-Magazin 3/99*



Wien/Verkehr(t):

> Schwarzfahrer unterwegs

Was ich bisher nur von Geruechten kannte, wurde heute frueh zur
Gewiszheit: Auch brav zahlende Zeitkartenbesitzer werden seit
Jahresbeginn wieder als Schwarzfahrer zur Kasse gebeten. Naemlich
dann, wenn die Wertmarke nicht aufgeklebt und ausgefuellt ist. Frueher
war das klar, haette mensch sie doch abloesen und jemanden anderen
geben koennen. Seitdem die Karten uebertragbar sind, entbehrt dies
jeglicher Grundlage und wurde bis voriges Jahr, wie ich aus eigener
Erfahrung weisz, auch nicht geahndet. Aber die Bestimmungen sind halt
weiter so. Darum gibz ja noch Klebemarken anstatt umweltfreundlicherer
Nur-Papier-Wochen- oder Monatsfahrscheine. Gut, Umweltschutz ist nicht
Aufgabe der WVB, aber vielleicht waers billiger? Wohl kaum, da fehlt
ja dann eine Einnahmequelle. Und die wird jetzt wieder ausgeschoepft.

Zum aktuellen Ereignis: Es betraf nicht mich, sondern eine mir
unbekannte Person. Aber mein Aerger war grosz genug beim Kundendienst
der WVB anzurufen. Mir wurde erklaert, dasz alles seine Ordnung habe,
die Marke erst durch Aufkleben und Beschriftung entwertet wuerde. Was
das fuer einen Sinn habe, frage ich, steht ja der Gueltigkeitszeitraum
ohnedies auf der Marke vermerkt. Es sei notwendig, weil ja die Marke
bis 9. des Monats zurueckverkauft werden koenne. Aha! Weiters erfahre
ich jedoch, dasz dafuer sowieso ein gewisser Betrag pro Tag abgezogen
wird. Womit ich die Sinnhaftigkeit wieder anzweifle und noch einmal
Nachfrage, ob man sich bei sowas auch etwas denke, oder nur
"Befoerderungsfaelle" schikaniere. Wieder wird das Rueckkauf-Argument
angefuehrt. Das kenn ich jetzt aber schon. Mitdenken, liebe Frau am
andern Ende der Leitung, mitdenken bitte!

Nach dem Sinn habe ich gefragt, nicht nach dem, was mensch bei der
Einschulung durch die WVB voellig unlogischer Weise eingetrichtert
bekommt. Denn das entpuppt sich bei nicht allzu groszer Denkleistung
schon als Un-Sinn. Worauf ich auf meiner Frage insistiere und meine
Unmutsaeuszerungen etwas heftiger werden. Aber auf dem Niveau will die
Telephonistin mit mir nicht diskutieren. Auch auf anderem wohl kaum,
denn andere Argumente als Bestimmungen kann sie nicht vorbringen. Und
diese sind augenscheinlich nicht aus Vernunftsgruenden entstanden,
sondern dienen der Geldbeschaffung auch auf Kosten der Stammkunden.

Eigentlich moechte ich ein solches System nicht finanziell
unterstuetzen. Ich habe angekuendigt, nach Ablauf meiner Jahreskarte
Schwarzfahrer zu werden. Das kommt auf Dauer billiger und versichert
die Verkehrsbetriebe meiner jetzt ganz fehlenden Solidaritaet.
                                                    *Gregor Dietrich*



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last update:  09-03-1999  by: Horst.JENS@bigfoot.com (html-Konvertierung)