akin / aktuelle informationenPressedienst akin vom 02-12-1998
 
 



akin-Pressedienst.Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten seinn. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.



Asyl:

> Nur 2 Minuten

Asyl als Recht des Augenblicks

Trotz mannigfaltiger Interventionen wurde der Asylwerber Dogan I.
am Montag zum Flughafen gebracht. Zwei Minuten bevor die
Mittagsmaschine Richtung Istanbul abheben haette sollen, kam der
Aufschub vom Justizministerium: I.'s Asylverfahren war noch nicht
abgeschlossen. Jetzt sitzt er wieder in Haft.

Aufgrund eines tuerkischen Auslieferungsantrages war der Kurde
Dogan I. in Salzburg in Untersuchungshaft genommen worden. Er kam
in die Schubhaft nach Wien und damit stand seine Abschiebung in
die Tuerkei bevor.

Dort wuerden ihn jedoch Folter und Gefaengnis erwarten. Die
tuerkischen Gerichte werfen ihm vorsaetzliche schwere
Koerperverletzung vor. Der Fall, um den es hier geht, ist ein
Angriff der MHP, einer faschistischen Organisation die sehr eng
mit dem Staat zusammenarbeitet, auf Dogan I.'s Dorf vor neun
Jahren. Bei der folgenden Auseinandersetzung wurden zwei
Mitglieder der MHP verletzt. Abgesehen davon, dasz Dogan I.
bestreitet, an den Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein,
hat es sich hierbei wohl um einen Akt der Selbstverteidigung
gehandelt, der von keinem "normalen" Gericht der Welt verfolgt
wird. Aber in der Tuerkei herrschen eben keine "normalen"
Zustaende. In Oesterreich herrschen aber offensichtlich auch keine
"normalen" Zustaende, wenn der Staat einen Oppositionellen an ein
derartiges Regime ausliefern will. Das Asylverfahren von Dogan I.
ist immer noch im Laufen und vor dessen Abschlusz darf er
eigentlich nicht abgeschoben werden. Auszerdem wies laut Berichten
seines Anwalts Dogan I. bei ihrem letzten Gespraech erhebliche
Verletzungen auf. Von den Beamten wird die Schuld auf ihn
geschoben.

Gestern, Montag, hatte vor dem Justizministerium am fruehen Morgen
noch eine Kundgebung gegen die Abschiebung I.'s stattgefunden.
Nach fast drei Stunden war verlautbart worden, dasz dem
Auslieferungsantrag stattgegeben werde. Man hoffe auf ein mildes
Urteil. Hernach koenne immer noch ein positiver Asylbescheid
erfolgen, hatte es offiziell geheiszen. Bis dann doch noch der
Minister zu voradventlicher Besinnung gekommen sein duerfte.

Wie geht es weiter? "Der Mann bleibt in Auslieferungshaft", so ein
Sprecher von Minister Nikolaus Michalek, ist im heutigen
"Standard" zu lesen. Der Minister habe die Auslieferung
aufgeschoben, weil sich im Asylverfahren des Mannes
Ungewoehnliches ergeben haette. "Beim Auslieferungsbescheid ist
das Gericht von einem rechtskraeftig abgeschlossenen Asylverfahren
ausgegangen." Inzwischen sei I.s Ansuchen wegen einer
Kompetenzenaenderung nicht mehr rechtskraeftig. Bevor dieser
Antrag nicht entschieden sei, gebe es auch keine Auslieferung. Mit
dem Bundesasylsenat sei eine "zuegige Entscheidungsfindung"
vereinbart.

Die diesbezuegliche oesterreichische Praxis in den letzten Jahren
laeszt bei solchen Formulierungen nichts Gutes ahnen.
                                              *RKL, Standard/akin*



In eigener Sache:

> Wir Staatsfeinde...

Und wieder gibt es kein Knoedel vom gestrengen Vater Staat

*

Der Publizistkfoerderungsbeirat ist zur Verschwiegenheit
verpflichtet. Das hat der Beirat selbst beschlossen, so Erich
Koenig vom Bundeskanzleramt. Daher koenne er auch keine Auskuenfte
ueber das Geschehen in diesem Beirat geben.

Dasz die akin auch dieses Jahr keine Foerderung erhalten werde,
kann er mir allerdings schon sagen -- ein Faktum, das ich schon
aus der "Presse" und der "Krone" erfahren durfte. In letzterer ist
auch vermerkt, dasz wir und das natuerlich ebenfalls nicht zu
foerdernde TATblatt auch im Staatsschutzbericht als "linksextrem"
bzw. "anarchistisch" bezeichnet werden (siehe auch: "Das Letzte").

Diese Meinung der Stapo duerfte genuegt haben fuer eine Ablehnung.
Laut Koenig war die Ablehnung gemaesz Paragraph 7, Abs. 1 / Zi. 3
des Publizistikfoerderungsgesetzes ("dient nicht der
staatsbuergerlichen Bildung") und der Abs. 2 / Zi. 1 ("Aufruf zum
gewaltsamen Kampf gegen Demokratie und Rechtsstaat") begruendet
worden. Worin diese Begruendung liegt, kann mir der Beamte jedoch
wieder in Berufung auf seine Verschwiegenheitspflicht nicht sagen:
"Ich kann nicht an sich aus dem Beirat berichten."

Gluecklicherweise gibt es auch noch andere Quellen. Von denen war
zu erfahren, dasz offiziell lediglich ein der akin beigelegtes
Flugblatt mit der Parole "Kampf gegen den imperialistischen Staat"
als Legitimation fuer die Foerderungsversagung ausreichte. Welches
Flugblatt das genau war, konnten wir leider noch nicht eruieren --
immerhin muszten wir neben dem laufenden Jahrgang auch die
Exemplare der vergangenen 3 Jahre dem Bundeskanzleramt zur
Begutachtung nachliefern. Und jeder akin-Jahrgang hat nun einmal
rund 800 Seiten. Was dem Vernehmen nach auch im Bundeskanzleramt
einiges Kopfzerbrechen bescherte, besonders eingedenk der
Tatsache, dasz die Staatsanwaltschaft sowieso laufend unser Blatt
ueberprueft.

Inwiefern die anderen kholwidrigen Zeitschriften bedacht werden
sollen, ist noch unklar. Inoffiziell zu hoeren war, dasz alle
anderen Antraege vom Beirat zur Foerderung empfohlen worden waren.
Doch schlieszlich steht die tatsaechliche Entscheidung ueber die
Publizistikfoerderung 1998 noch aus. Die letzte Instanz ist der
Ministerrat, der seinen Beschlusz noch in diesem Kalenderjahr
fassen musz. Dank Staatsschutz und Krone wird der aber sicher
nicht besser ausfallen als die Beiratsempfehlung.

Ebenfalls noch ausstaendig ist seit zwei Jahren die
diesbezuegliche Klage von Alternative, ZOOM und akin gegen die
Republik. Diese Klage war es vermutlich, die dazu gefuehrt hatte,
dasz letztes Jahr das Gesetz geaendert worden war -- die beiden
oben angefuehrten Paragraphen stammen aus der Reform.

Die Muehlen des Verfassungsgerichtshofes allerdings mahlen sehr
viel langsamer.                                           *br*
 



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last update:  02-12-1998  by: Horst.JENS@bigfoot.com (html-Konvertierung)