akin / aktuelle informationenPressedienst akin vom 12-11-1998
 
 



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Buecher:

> Le Pen & Co.

Bernhard Schmid: "Die Rechten in Frankreich", Von der
franzoesischen Revolution zum Front National, Elefanten Press
Berlin, 249 Seiten, oeS 255, ISBN 3-88520-642-0

Waehrend Bernhard Schmid im ersten Teil seines juengst
erschienenen  Buches "Die Rechten in Frankreich" die Wurzeln des
Rechtsextremismus in Frankreich bis zur Franzoesischen Revolution
zurueckverfolgt, beschreibt er im zweiten Teil die Entwicklung des
Front National (FN) zu einer "modernen" faschistischen Partei. Der
FN wurde 1972 nach eigener Darstellung als "nationale, soziale und
dem kleinen Volk verpflichtete Rechte" gegruendet. Aber erst 1981
gelang es ihm, eine ernsthafte Rolle in der politischen Landschaft
Frankreichs zu uebernehmen.

Er ist gleichzeitig eine breite rechte Sammlungsbewegung wie auch
Fuehrerpartei. Unter der Fuehrung von Le Pen vereint er so
unterschiedliche Stroemungen wie die intellektuellen Neuen
Rechten, Vichy-Anhaenger, Monarchisten, katholische
Fundamentalisten, neue Heiden und Neonazis. Diese verschiedenen
politischen "Familien" - Fraktionen gibt es nach eigener Lesart
nicht - geben dem Parteifuehrer die Moeglichkeit, als
"Schiedsrichter" auch in personellen Fragen aufzutreten.

*Widerspruechliche FN*

Eine Mitgliederpartei war und ist der FN nicht. Wichtiger als die
Zahl der Mitglieder, sind fuer den FN die zahlreichen ihn
umgebenden Satellitenorganisationen. Diese sind darauf
ausgerichtet, in alle gesellschaftlichen Bereiche einzudringen um
dort das Gedankengut des FN einsickern zu lassen. Auszerdem bieten
sie die Moeglichkeit, verschiedenen gesellschaftlichen
Gruppierungen unterschiedliche, zuweilen widerspruechliche,
Versprechungen zu machen.

Im Laufe seiner Entwicklung hat der FN durchaus gravierende
Schwenks vollzogen, ohne dasz diese ihm dauerhaft geschadet
haetten. Waehrend der 80er Jahre war seine Politik stramm
atlantisch, das heiszt voll auf US- und NATO-Linie. Ronald Reagan
galt als ein ausgemachter Freund von Le Pen, der zu jener Zeit
gern gesehener Gast in Amerika war. Experten der US-amerikanischen
Republikanischen Partei haben in dieser Zeit den Front National
beraten. 1985 wurde Le Pen von Papst Johannes Paul II in Rom
empfangen. Der Chef der Front National erklaerte anschlieszend,
der Papst habe ihn und seine politischen Freunde aufgefordert,
weiter gegen die Gefahr eines Zerfalls der Werte in Europa zu
kaempfen und ihm gute Wuensche fuer die Arbeit der Abgeordneten
mit auf den Weg gegeben.

Als Le Pen im September 1987 im Fernsehen zu seinen Ansichten
ueber die Thesen des Auschwitzleugners Robert Faurisson befragt
wurde, antwortete der FN-Vorsitzende: "Ich kenne diese Thesen
nicht. Aber was auch immer diese Thesen sein moegen, und wer auch
immer jene sein moegen, die sie intellektuell entwickelt haben,
ich bin Anhaenger der Freiheit des Geistes... Ich sage nicht, dasz
die Gaskammern nicht existiert haben. Ich habe selbst keine sehen
koennen. Ich habe mich nicht besonders gruendlich mit der Frage
beschaeftigt. Aber ich glaube, dasz es sich hier um einen 'point
de détail' (ein Detail, eine Nebensache) der Geschichte des
Zweiten Weltkriegs handelt".

Der Lebensweg von Le Pen ist der eines klassischen Rechten.
Geboren 1928, beginnt er sein Jusstudium 1947 an der Pariser
Sorbonne. Er wird Mitglied der "Corpo Droit", einer rechten
Studentenverbindung, vergleichbar unseren Burschenschaften, meldet
sich freiwillig zum Militaer und ist in Algerien an Folterungen
beteiligt, wozu er sich oeffentlich bekennt, "weil das notwendig
war".

*Die anderen 68er*

1967/68 schlossen sich Studenten aus verschiedenen rechtsextremen
Gruppen in der GRECE (Groupement de recherches et d'études pour la
civilisation européenne - Forschungs- und Studiengruppe fuer
europaeische Zivilisation) zusammen. Sie suchten die Lehren aus
dem Scheitern des Rechtsextremismus waehrend der 60er Jahre zu
ziehen. Von der Notwendigkeit einer voelligen Neubegruendung der
ideologischen Fundamente der Rechten ausgehend, wollten sie einen
- vom Ansatz her elitaeren - Denkclub aufbauen, welcher die
notwendige Vorarbeit leisten sollte, um den Kampf fuer die
Neugewinnung von ideologischem und kulturellem Terrain fuehren zu
koennen. Ziel ist eine wissenschaftliche, kulturelle und
philosophische Basis fuer ein autoritaeres Europa der weiszen
Rasse, beispielsweise durch das Anknuepfen an US-amerikanische
Forschungsdebatten ueber die Vererbbarkeit von Intelligenz.

1974 wird der "Club de l'Horloge" (Uhrwerksclub, einer
Organisation der Neuen Rechten, die in der hohen Beamtenschaft und
unter Studenten der Elitehochschulen Rekrutierungsarbeit betreibt)
durch Yvan Blot und Jean-Yves Le Gallou als Ableger des GRECE
gegruendet. Es handelt sich nur um eine unter mehreren
bereichsspezifischen Vorfeldorganisationen des GRECE. Der Club de
l'Horologe setzt sich  zum Ziel, die Ideen der Nouvelle Droite
bezueglich national-europaeischer Identitaet und Anti-
Egalitarismus innerhalb der groszen Rechtsparteien, also im
liberalen und konservativen Lager, zu verbreiten und dadurch die
politische Rechte "wiederzubewaffnen" .

Nach auszen versucht GRECE seine Spuren zu verwischen und seine
Taetigkeit als voellig unklassifizierbare, in keine ideologische
Schublade passende Kulturforschung erscheinen zu lassen. Seine
Strukturen werden vor der Auszenwelt verborgen, die Namen der
meisten Mitglieder seines Fuehrungsgremiums bleiben geheim; im
Bedarfsfall werden diese ihre Zugehoerigkeit zum GRECE strikt
abstreiten. So gelingt es GRECE nicht nur, mit den
unterschiedlichsten eigenen Publikationen die verschiedensten
Milieus zu erreichen, sondern auch Zugang zu buergerlicher Presse
und Parteien zu finden. GRECE-Mitglieder gewannen z.B. Einflusz
auf die bekannte konservative Tageszeitung "Le Figaro" sowie die
Wirtschaftszeitung "Valeurs actuelles".

Wie die Bezugnahme auf Griechenland im Namen GRECE andeutet, sucht
man an die vor-christlichen "Wurzeln der europaeischen
Zivilisation" anzuknuepfen, an die nordisch-germanischen und indo-
europaeischen Urspruenge, an das antike Griechenland. Diese
"authentische europaeische Identitaet" sei durch das Eindringendes
"judéo-christianisme" verfaelscht worden, welch letzterer
durch seine Grundidee von der Gleichheit aller Menschen vor einem
einzigen Gott zur Quelle allerhand schaedlicher Erscheinungen wie
Demokratie und Egalitarismus geworden sei. Zunehmend wird das Heil
in nordischen Mythen gesucht. Mit seinem anwachsenden Keltenkult
draengen weite Teile des GRECE immer mehr in Richtung rechter
Esoterik.

*Buendnisse und Spaltungen*

Der heutige zweite Mann des FN ist Bruno Mégret, ein typischer
Vertreter der"Neuen Rechten". Der Kader des Club de l'Horloge und
Absolvent zweier franzoesischer Elitehochschulen sowie der US-
Universitaet Berkley begann seine parteipolitische Karriere als
Senkrechtstarter bei der buergerlichen Rechten. Von 1979-1981 war
er Mitglied im Zentralkomitee der gaullistischen RPR. Zugleich
arbeitete er im Kooperationsministerium. Auch Yvan Blot,
Mitbegruender des Club de l'Horloge, wird Mitglied im RPR-
Zentralkomitee. Jean-Yves Le Gallou rueckt in die Fuehrungsspitze
der Parti Republicain PR auf, einer der Hauptkomponenten des
liberal-konservativen Parteienbuendnisses UDF. Mitglieder des Club
de l'Horologe wirken als Ghostwriter mehrerer buergerlicher
Minister und Parlamentarier.

Bruno Megret und Jean-Clode Bardet gruendeten im Januar 1982 - der
Front National war noch eine Splitterpartei - die Comites d'Action
Repulicaine (CAR) mit den Ziel, aus der Krise der in die
Opposition verbannten Konservativen heraus eine neue "haertere"
Rechte aufzubauen. Am 14. Dezember 1985 unterschreibt die CAR ein
Buendnisabkommen mit dem FN - der mittlerweile fest etabliert
scheint und Bruno Megret kandidiert auf der Liste des FN zur
Parlamentswahl 1986. Megret ist heute der anerkannte Chefideologe
des FN, Bardet ist Chefredakteur der Theoriezeitschrift der
Partei, "Identité".

Ein Fluegel der Nouvelle Droite, dem neben diesen Ritualen die
Theoriearbeit zu kurz zu kommen schien, spaltete sich 1993 vom
GRECE ab - mit der Begruendung: "Unser Kampf ist rein politisch,
im Wesentlichen politisch". Die Gruppe Gruppe "Synergies
Europeennes" wurde gegruendet, die sich der Aufgabe der Vernetzung
der europaeischen Rechten und der Heranbildung rechtsextremer
Elite-Kader widmet. So warb ein Oesterreichableger "SYNERGON-
OeSTERREICH" in der Moelzerpostille ZUR ZEIT fuer eine
"Sommeruniversitaet der Europaeischen Synergien" in den Dolomiten.

Schmids Buch "Die Rechten in Frankreich" gibt nicht nur einen
Einblick in die Entwicklung der Rechten in Frankreich, sondern
auch der neurechten Bestrebungen in ganz Europa, da sich diese
sehr stark am Vorbild der franzoesischen "Nouvelle Droite"
orientieren. Die sehr dichten Informationen, die Schmid in dem
Buch gibt, koennen hier nur angedeutet werden. Seine Lektuere sei
allen Antifaschistinnen, die sich nicht mit einem Antifaschismus
aus dem Bauch zufrieden geben wollen, dringend ans Herz gelegt.
                                                   *T. Baum*




Festung Europa/ Alltag:

> 500 Schilling im Boersel ...

...oder die Grenzer brandmarken tschechische Einreisewillige als
displaced persons
 

Entweder waren die Grenzer an der tschechisch-oesterreichischen
Grenze auf eigene Faust kreativ oder das Innenministerium hat eine
neue Erfindung gemacht, aehnlich wirkungsvoll wie die Erfindung
der Mindestwohnungsgroesze fuer Aufenthaltswillige. Fuenf
Besuchern aus Tschechien, die einen Tag in Oesterreich verbringen
wollten, wurde am 12.9.98 die Einreise verweigert, nachdem man
ihnen ins Geldboersel geschaut und nicht genug Geld gefunden
hatte. Der Bus, aus dem man sie herausgeholt hatte, wurde gleich
weitergewunken, noch bevor die Amtshandlung beendet war. Dasz die
Besucher so unvorsichtig waren, nicht genug Kleingeld mitzunehmen,
hat ihnen den Stempel ZURUeCKGEWIESEN in ihren Paessen
eingetragen, was bei kuenftigen Grenzuebertritten das Finden von
Gruenden fuer die Zurueckweisung ueberfluessig machen duerfte.
                       *akin; Quelle: Theater Brett Nachrichten*




Wien/Sozial:

> Schuldenberg wegen Schwarzfahren

Verschiedene Gruppen (PensionistInnen, Kinder, Studierende etc.)
brauchen nicht den vollen Preis zu zahlen, wenn sie Oeffis
benutzen. Ausgerechnet aber fuer die Aermsten der Armen -- fuer
die "Aushilfeempfaenger", die nicht einmal 5.000 Schilling "Sozi"
pro Monat haben -- gibt es keinerlei Fahrpreisermaeszigung? Auch
die aktuelle Fahrpreisreform der Wiener Linien aendert nichts an
diesem paradoxen Zustand.

Die Folge ist eine kafkaeske -- und maszlosen Verwaltungsaufwand
erfordernde -- Jagd auf obdachlose "Schwarzfahrer". Und sinnlos
hohe private Schuldenberge, die bei vielen Betroffenen das
Interesse, ein "normales" Leben anzufangen, betraechtlich daempft.

Nach Angaben der Obdachlosenzeitung AUGUSTIN sind inzwischen ein
groszer Teil der KlientInnen von Sozialeinrichtungen bei den
Wiener Verkehrsbetrieben bzw. den OeBB verschuldet. Oft hat sich
der Schuldenberg der 100.000 Schilling-Marke angenaehert. Viele
der beim Schwarzfahren ertappten Obdachlosen sind bereits im
Polizeigefangenenhaus gesessen, wo man die Verwaltungsstrafe
absitzen kann (die Schulden bei den Wiener Linien selbst koennen
nicht abgesessen werden).

Betroffene, die aus der Anonymitaet der Obdachlosigkeit
heraustreten und eine Wohnung beziehen, stehen vor dem Problem,
dasz sie fuer die Behoerden dadurch wieder "interessant" werden:
Ploetzlich werden die Schulden eingefordert. Das "neue Leben"
beginnt gleich mit einer Pfaendung. Die Schwarzfahrer-Verschuldung
wirkt also eindeutig als Integrations-Hemmschuh.   *Augustin/bearb.*



                      *Originaltext-Weiterleitung*

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Weitergeleitet aus /GRUENE_A/STMK/DISKUSSION
Nachricht erstellt von alexander.trojovsky@kfunigraz.ac.at:

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Die österreichische Bundesregierung plant eine Gesetzesnovelle, nach
der die Rechte von Asylsuchenden weiter beschnitten wird.
Nähere Informationen dazu  und einen Aktionsvorschlag mit einem
Protestbrief findet sich bei:

http://ourworld.compuserve.com/homepages/zebra_org/aktion.htm

Dies ist eine Web-Seite von
ZEBRA  - Zentrum zur sozialmedizinischen, rechtlichen und kulturellen
Betreuung von Ausländern und Ausländerinnen in Österreich

--

alex trojovsky,

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                          *Originaltext-Ende*

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last update:  12-11-1998  by: Horst.JENS@bigfoot.com (html-Konvertierung)